Brandenburg: Kein Baustopp für den Havelausbau Klimaveränderung lässt Planer kalt
Potsdam - Trotz heftiger Kritik an einer ungenügenden Berücksichtigung des Klimawandels halten Bundesbehörden am Ausbau der Havel zu einer Wasserstraße für große Containerschiffe fest. Das bestätigte die zuständige Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz.
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Potsdam - Trotz heftiger Kritik an einer ungenügenden Berücksichtigung des Klimawandels halten Bundesbehörden am Ausbau der Havel zu einer Wasserstraße für große Containerschiffe fest. Das bestätigte die zuständige Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz. Einen Planungs- oder gar einen Baustopp für das millionenschwere Vorhaben werde es nicht geben; auch keine Planungsänderungen, hieß es. Dafür würden die „momentan vorliegenden Erkenntnisse sowohl aus rechtlicher, wie aus tatsächlicher Sicht keine Veranlassung bieten“.
Experten vom renommierten Potsdam Institut für Klimafolgenforschung und Grünen-Politiker hatten die Koblenzer Behörde und die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost (WSD-Ost) in den PNN kritisiert, da die beiden Bundesbehörden Anzeichen für zurückgehende Niederschläge, eine höhere Verdunstung und einen generellen Klimawandel nicht in den Ausbauplanungen berücksichtigt hatten.
Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erneuerte seine Kritik. Da die Durchschnittstemperatur gerade in Brandenburg steige und es künftig weniger regne, müsse der Wasserhaushalt genau analysiert werden, fordert der Klimaforscher Manfred Stock. Möglicherweise reiche das Wasser für einen breiteren und tieferen Fluss und seine Kanäle gar nicht aus.
Schon seit fast 15 Jahren wird um den Ausbau der Havel zwischen Berlin und der Stadt Brandenburg gestritten. Auf der einen Seite stehen die Interessen der Binnenschifffahrt. Um im Wettbewerb mit dem Lkw oder der Bahn eine Chance zu haben, müsse sie große Containerschiffe vom Rhein und dem Ruhrgebiet bis nach Berlin einsetzen können. Dafür ist die vor mehr als 100 Jahren kanalisierte Havel zu flach und kurvenreich. So beschloss der Bundestag das „Verkehrsprojekt Nummer 17“ innerhalb des Infrastrukturprogramms „Deutsche Einheit“. Planer machten auf dem Reißbrett die Havel zur „Wasserautobahn“ ohne störende Engpässe und mit genügend Tiefgang.
„Bevor man die Bagger in Bewegung setzt, sollte der Kopf eingeschaltet werden“, fordert Klimaforscher Manfred Stock vom PIK. Eine neue Studie müsse klären, welche Auswirkungen die Wetteränderungen auf den Pegel der Havel und ihrer Kanäle haben. Ein breiteres und tieferes Flussbett brauche schließlich mehr Wasser. „Wenn es immer trockener und wärmer wird, reicht am Ende der Pegel für die großen Schiffe gar nicht aus“, meint Stock. Steuermittel würden dann möglicherweise völlig falsch eingesetzt.
Die Bundesanstalt für Gewässerkunde sieht dagegen keinen Bedarf für ein neues Gutachten. „Die derzeit weltweit verfügbaren Klimaszenarien stecken voller Unsicherheiten“, sagt Bereichsleiter Hans Moser. „Sie weisen sogar für die künftige Niederschlagsentwicklung gegenläufige Trends auf.“ So sei es möglich, dass durch eine höhere Lufttemperatur mehr Meerwasser verdunstet und dann über Mitteleuropa abregnet. Selbst das PIK schließe solche Folgen nicht aus.
Dem widersprechen die Potsdamer Klimaforscher heftig: Weltweit seien sich Forscher und UN-Gremien einig, dass es in Mitteleuropa und besonders in Brandenburg zu einer Versteppung und Austrockung kommen wird, so Stock.pet/ste
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