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Bedrohte Art I: Kein Hasenland

Der Feldhase hat es schwer in Brandenburg. Auch weil sein Lebensraum von Großlandwirtschaft mit Gülle, kräuterlosen und bereinigten Riesenfeldern geprägt ist. In Berlin hat er neue Lebensräume entdeckt.

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Potsdam/Berlin – Ostern steht vor der Tür – und überall sieht man Hasen. Osterhasen. Doch die Omnipräsenz des sagenhaften Hopplers in Läden und Werbespots täuscht über die Lage seines natürlichen Verwandten hinweg: Dem Feldhasen geht es nicht gut. Ein echter Brandenburger wird er auf absehbare Zeit wohl nicht wieder werden. Brandenburg ist kein Hasen-, eher ein Karnickelland: Der Bestand des Feldhasen (Lepus europaeus) in Brandenburg wird auf etwa 90 000 Tiere geschätzt, wie Axel Heinzel-Berndt vom Umweltverband BUND mitteilte. Diese Zahl spiegele einen starken Bestandsrückgang wider. Deshalb finde sich der Feldhase auf der Roten Liste in der Kategorie 2 – das Tier gilt somit als stark gefährdet. „Stabil, aber immer noch auf vergleichsweise geringem Niveau“, so charakterisiert das brandenburgische Umweltministerium die Hasenpopulation. Der Landesjagdverband geht nach regelmäßigen Zählungen von durchschnittlich sechs Hasen pro Quadratkilometer aus, wie Geschäftsführer Bernd Möller sagte. Vor mehreren Jahrzehnten seien es sicher viel mehr gewesen – genaue Zahlen gebe es jedoch nicht.

„Genaue Zahlenangaben für Feldhasen in Berlin liegen uns nicht vor, da sich diese Tiere eigentlich so gut wie gar nicht zählen lassen“, sagte Anja Sorges vom hauptstädtischen Landesverband des Naturschutzbundes (Nabu). Doch der Bestand gelte als gering. Allerdings erobert sich das Langohr nach NABU-Angaben in der Stadt auch neue Lebensräume: Seit etwa 15 Jahren sind Feldhasen auch in Siedlungen zu beobachten. „Die Feldhasen können in den Neubaugebieten im Osten der Stadt, insbesondere in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg, sehr selten sogar schon in der Nähe des Stadtzentrums beobachtet werden“, heißt es in einem Papier des Nabu. Zuvor hatte der Feldhase sich lediglich am Stadtrand Berlins gezeigt und sich in abgelegenen Kleingärten, Friedhöfen und Parks eingerichtet.

Am gefährlichsten für die Tiere ist neben dem Straßenverkehr die moderne Landwirtschaft, wie das Landwirtschaftsministerium in Potsdam einräumt. Intensiv bewirtschaftete Felder berauben den Hasen seiner wichtigen Verstecke und einer artenreichen Pflanzennahrung.

„Dem Hasen fehlt seine Apotheke“, sagte Möller und verwies darauf, dass die Tiere für ein gesundes Leben viele Wildkräuter bräuchten. Diese fänden sie aber an bereinigten und begradigten Feldern nicht mehr. Außerdem werden viele Tiere durch landwirtschaftliche Großmaschinen und den Gebrauch von Gülle und Bioziden getötet. Als besonders gefährlich für Hasenfamilien bezeichnete Möller die bei der Ernte eingesetzten schnell laufenden und breiten Mähwerke. „Da hat Meister Lampe keine Chance“.

Die Jagd hingegen ist kein Problem für den Hasen. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums wird der Feldhase nur „zurückhaltend“ gejagt. So seien 2010/11 rund 3 200 Hasen zur Strecke gebracht worden, davon waren aber die meisten von Unfällen im Straßenverkehr betroffen. Zu den natürlichen Feinden des Feldhasen, der im Lauf bis zu 70 Stundenkilometer schnell werden kann, gehören Füchse und Greifvögel. Vor diesen verstecken sie sich vornehmlich in ihren kleinen flachen Mulden, auch Sassen genannt.

Helfen würde den Feldhasen nach Überzeugung von Axel Heinzel-Berndt die Schaffung von mehr Brachlandschaften, da sie dort ungestört von externen Einflüssen leben und sich vermehren könnten. „Auch der Ökolandbau kommt dem Hasen zugute“, sagte Heinzel-Berndt.

Untersucht werden muss nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums noch, wie der vermehrte Energiepflanzenanbau, beispielsweise von Mais, das Hasen-Leben beeinflusst.

Gerade bei Spaziergängen an den Ostertagen halten Kinder vermehrt Ausschau nach dem Osterhasen. Dabei wird der Feldhase dann auch gern mal mit dem Kaninchen verwechselt. An einfachen Merkmalen sind sie aber zu unterscheiden: Der Feldhase hat große Löffel mit schwarzen Spitzen, im Gegensatz zum Kaninchen lange Hinterbeine, mit denen er bis zu zwei Meter hoch springen kann. Außerdem sind Hasen insgesamt größer und schlanker, Kaninchen indes kleiner und rundlicher. Kaninchen treten öfter im Rudel auf, Feldhasen eher nicht.

Florian Tobis

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