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Standortfrage. Wo wann noch welche Rund-um-die-Uhr-Wache sein wird im Land, steht noch nicht fest; dafür aber, dass es keine Schutzbereiche sondern nur noch vier Direktionen geben wird.

© dpa

Von Thorsten Metzner: „Kein Oberschüler kann Polizist werden“

Die Polizeireform bleibt umstritten. Schon nach der Sommerpause sollen Gesetze geändert werden

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Potsdam - Die Wogen um die radikale Polizeireform von Innenminister Rainer Speer (SPD) schlagen jetzt hoch. Kaum war das Konzept unmittelbar vor der Sommerpause am Mittwoch den Medien und dem Landtag vorgestellt worden, hagelte es Kritik – so im Innenausschuss des Landtages. Am härtesten ging Sven Petke, Innenpolitiker der Union und Vize-Fraktionschef, mit den Plänen ins Gericht: Entgegen allen Erklärungen zieht „sich die Polizei aus der Fläche des Landes zurück“, sagte Petke. Rot-Rot peitsche die Reform durch, schon im Herbst sollen nötige Gesetzesänderungen im Landtag beschlossen werden. Er prophezeite, dass sich infolge der Wachenschließungen die Interventionszeiten der Polizei – die sich in den letzten Jahren verschlechtert haben – entgegen den Erklärungen verlängern werden. „Das sagt schon der gesunde Menschenverstand.“ Zudem seien 55 Millionen Euro in den Ausbau der Wachen investiert worden. Scharf kritisierte Petke den Ansatz, die geplanten 150 Neueinstellungen pro Jahr im gehobenen Dienst vorzunehmen - als unsozial. „Damit hätte kein Junge, der an einer Oberschule einen Abschluss der 10. Klasse mit guten Noten macht, mehr eine Chance auf einen Job bei der Polizei.“ Dann könnten nur noch Abiturienten Polizisten werden. Speer, der sonst die Reform strikt verteidigte, äußerte sich an dieser Stelle zurückhaltend, ob er diesen Vorschlag der Expertenkommission übernimmt. Wie Petke, der von „fehlendem Augenmaß“ sprach, kritisierte auch FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz die Pläne. Da sei „viel Apologetik“, „Kosmetik“ dabei, die „Motivation der Polizei werde abnehmen.“ Differenziert reagierten die Grünen. Die Abgeordnete Ursula Nonnemacher nannte die Schaffung eines Polizeipräsidiums, auch die geplanten vier Direktionen sinnvoll, meldete aber Zweifel an der radikalen Wachenschließung an. Das Grundübel liege in der fachlich nicht untersetzten Vorgabe von Speer, dass die Polizei nur noch 7000 Stellen haben soll.

Aus der der rot-roten Koalition kam zunächst Rückendeckung. „Der Personalabbau wird durch veränderte Strukturen kompensiert. Das ist prinzipiell möglich. Ich hätte das selbst nicht gedacht“, sagte der Linke–Abgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg. Der SPD-Abgeordnete Ralph Holzschuher nannte das Konzept „mutig und plausibel.“ Mit Blick auf die Proteste gegen Wachenschließungen sprach Holzschuher von einem „Mythos“, der „Bürger braucht keine Wachen, er braucht Polizisten.“ Panikmache sei völlig deplatziert. Der SPD-Abgeordnete und profilierte Innenpolitiker Christoph Schulze forderte tiefgründigere Vorbereitungen. „Ich kenne bisher keine Analyse.“ Er warnte davor, bei der Polizeireform immer nur mit Zahlen zu operieren. „Es geht nicht um Zahlen, es geht um Menschen, mit Ängsten, mit Emotionen“, sagte Schulze. „Es ist kein Finanzministerium“. Eine Anspielung auf Speers Job in der früheren Regierung.

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