Brandenburg: Kein rechter Aufmarsch
Gericht verbietet Kundgebung vor Friedhof Halbe
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Potsdam – Die Neonazis dürfen bei ihrem Aufmarsch am Samstag in Halbe nicht zum Waldfriedhof ziehen. Das Verwaltungsgericht Cottbus lehnte gestern einen Eilantrag des Anmelders auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung vor dem größten deutschen Soldatenfriedhof ab, wie ein Gerichtssprecher in Cottbus sagte.
Brandenburgs SPD-Fraktionschef Günter Baaske hat die Brandenburger unterdessen zur Teilnahme an Demonstrationen gegen den geplanten Neonaziaufmarsch aufgerufen. Diese versuchten Halbe zu einem Wallfahrtsort zu machen, sagte er. Die Brandenburger dürften sich das nicht bieten lassen.
Laut Gericht ist zur Durchführung der Versammlung auf der Park- und Wendefläche vor dem Haupteingang der Gräberstätte eine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Denn das Gräberstätten-Versammlungsgesetz verbiete öffentliche Versammlungen nicht nur auf der Gräberstätte selbst, sondern auch in ihrer unmittelbaren räumlichen Nähe. Das Gräberstätten-Versammlungsgesetz greift nach Einschätzung des Gerichts in „verfassungsrechtlich zulässiger Weise“ in die Versammlungs- und Meinungsfreiheit des Anmelders ein. Auch komme eine Ausnahmegenehmigung nicht in Betracht, weil die konkrete Besorgnis bestehe, dass die Versammlung an Formen und Inhalte nationalsozialistischen „Heldengedenkens“ anknüpfe. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hatte bereits am Montag den Neonazi-Aufmarsch unter strengen Auflagen erlaubt und ein entsprechendes Verbot durch das Polizeipräsidium der Stadt für rechtswidrig erklärt. Das Polizeipräsidium hatte den Aufmarsch verbieten wollen, weil bei früheren Versammlungen im Frühjahr 2006 in Halbe Reden gehalten wurden, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten.
Als Protest gegen die Kundgebung sind mehrere Veranstaltungen geplant. So kündigte das Berlin-Brandenburger Bündnis „NS-Verherrlichung stoppen!“ für Samstag eine ganztägige Kundgebung gegen den Neonazi-Aufmarsch an. Daran wollen sich die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) beteiligen. Dabei soll auch ein Überlebender des KZ Sachsenhausen zu den Teilnehmern sprechen. Das „Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ sowie das „Aktionsbündnisses gegen Heldengedenken und Naziaufmärsche in Halbe“ wollen unter anderem eine Lesung sowie eine Andacht für die Opfer rechtsextremer Gewalt veranstalten.
Auf dem Waldfriedhof Halbe liegen rund 23 000 Tote, die in der letzten großen Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs im Frühling 1945 starben. ddp
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