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Von Peter Tiede: Keine Spur nach Dänemark

Angeblich hat Brandenburg die Kasernen in Potsdam-Krampnitz an eine Dänische Firmen-Gruppe verkauft. Doch die Spur führt nur bis nach Hannover

Stand:

Potsdam - In der Affäre um den Verkauf des 114 Hektar großen Kasernengeländes in Potsdam-Krampnitz durch das Land Brandenburg im Jahr 2007 tauchen immer neue Fragen auf. So lassen die Ergebnisse von PNN-Recherchen nun sogar Zweifel daran aufkommen, dass das Land tatsächlich – wie bisher behauptet – an Tochterfirmen der als solvent und seriös geltenden dänischen Thylander-Gruppe verkauft hat. Nach PNN-recherchen waren die Dänen anfänglich allenfalls mit ihrem Namen im Spiel – als tatsächlicher Käufer oder gar aktiver Investor aber wohl nie.

Hochrangige Vertreter der Thylander-Gruppe, die in Berlin auch in großem Stil Wohnungen erworben hat, waren im Jahr 2007 tatsächlich im Finanzministerium in Potsdam vorstellig geworden. Beim damaligen Finanzminister der rot-schwarzen Landesregierung, dem heutigen Innenminister Rainer Speer (SPD), stellten sie sich vor. In Krampnitz selbst sahen sich die Herren aus Kopenhagen auch länger und genau um.

Speer schrieb in einem Brief an den Haushalts- und Finnazausschuss des Landtages vom 22. Oktober 2007, in dem er um Zustimmung zum Flächenverkauf an vier britische Gesellschaften (sogenannte Limiteds) bat: „Die Käufer sind Tochtergesellschaften der TG Potsdam Projektentwicklungsgesellschaft mbH, einem Unternehmen der dänischen THYLANDER-GROUP.“ So mussten die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages als sie der heute heftig umstrittenen Transaktion im Herbst des Jahres 2007 mit den Stimmen von SPD und CDU zustimmten davon ausgehen, dass das Land das Filetgrundstück an solvente dänische Investoren verkaufen wird.

Doch die Dänen tauchen bei eben dieser TG Potsdam Projektentwicklungsgesellschaft mbH mit keiner Silbe auf.

Tatsächlich führt die Spur in den verschachtelten Eigentums- und Gesellschaftsverhältnissen auf Käuferseite immer nur in ein Büro in Hannover: Zum Rechtsanwalt Dr. Ingolf A. Böx. Der betreibt unter seiner Adresse in Hannover sowie in Berlin eine Anwaltspraxis mit dem brandenburgischen SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Danckert. Böxs Büroanschrift ist identisch mit der der TG Potsdam. Eine Böx gehörende Gesellschaft ist auch als alleinige Eigentümerin der TG Potsdam im Handelsregister eingetragen. Als Geschäftsführerin der im Wesentlichen von Böx kontrollierten Krampnitz-Gesellschaften firmiert immer Petra Lill – eine Anwaltssekretärin.

Sowohl die Thylander-Gruppe in Kopenhagen als auch Rechtsanwalt Böx haben tagelang nicht auf Anfragen der PNN reagiert. Fest steht aber, dass sich in den frei zugänglichen Veröffentlichungen der Thylander-Gruppe nirgends ein Hinweis auf das 112-Hektar-Areal am See in Krampnitz oder überhaupt auf Potsdam findet – und das, obwohl auf der Unternehmensseite im Internet jedes Projekt der Firmengruppe vorgestellt wird.

Das heute vom Linken Helmuth Markov geführte Finanzministerium des rot-roten Landesregierung prüft derzeit noch die umfangreichen Aktenbestände zum Verkauf des Kasernengeländes. Eine Antwort auf die Frage, ob und wie Thylander an dem Geschäft beteiligt war, so Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern, sei in diesen Tagen zu erwarten. Die Prüfungen und die zu durchforstenden Materialien seien zu umfangreich.

Auffällig aber war schon einmal eine Formulierung, die das Ministerium in einer Sammelantwort auf Anfragen von Journalisten Ende der Vorwoche wählte: Dort hieß es nur noch, die TG Potsdam sei im Auftrag der Thylander-Gruppe tätig. Von einem Tochterunternehmen war keine Rede mehr. Als Zeichen dafür, dass Thylander nichts mit Krampnitz zu tun hat, gilt in der Immobilienbranche auch die Tatsache, dass auf dem Kasernengelände bisher nichts geschehen ist. Den Investoren um die TG Potsdam dagegen, das ergibt sich wie berichtet aus Schreiben an das Finanzministerium, scheint auch das Geld auszugehen. 

Das Finanzministerium hat jedenfalls – wie berichtet – im Frühjahr einem Deal mit der Investorengruppe zugestimmt: Es wurden Gelder zurücktransferiert obwohl bereits der gesamte Kaufpreis in Höhe von 4,1 Millionen Euro für das Gelände seit 2008 überfällig war und überhaupt erst 1,3 Millionen Euro von den Investoren ans Land überwiesen worden waren. Ohnehin ist der Verkauf der Kasernen wegen des Kaufpreises, der geringen verbindlichen Investitionsverpflichtung von nur fünf Millionen Euro und der langen Realisierungsfrist bis 2023 umstritten.

Sollte sich herausstellen, dass Thylander tatsächlich nie aktiv an dem Kasernen-Geschäft beteiligt war sondern dieser von Anfang nur eine Aktion von spekulierenden Seilschaften war, hätten Finanzministerium und der damalige Chef des Hauses einiges zu erklären. Etwa, ob sie den Landtag vorsätzlich getäuscht oder einfach nur die Hausaufgaben nicht gemacht hatten. Denn schon anhand der einfachsten Handelsregisterauszüge hätte das Ministerium 2007 stutzig werden müssen. Offen war bis gestern , ob das Ministerium diese damals hatte. In einem ersten großen Schwung an Unterlagen, den Finanzminister Markov in der Vorwoche wälzen ließ, lagen zwar welche. Nur: Sie aus der Vorwoche – und frei von einer Spur nach Dänemark. (mit thm und axf)

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