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Brandenburg: Knast für falschen Schiffsarzt
Gelernter Krankenpfleger hat ohne Abi oder Studium auf der Aida gearbeitet
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Berlin - Denny H. alias Dr. med. Cato H. konnte sich wohl nicht entscheiden, ob er das strafrechtliche Ende seiner Lebenslüge tränenreich oder doch mit Erleichterung aufnehmen sollte. Drei Jahre Gefängnis verhängte das Landgericht gegen den falschen Arzt, der für zehn Monate auf einem Aida-Kreuzfahrtschiff tätig war – und zuvor Narkosen durchgeführt hatte. H. schmückte sich fünf Jahre mit einem Doktortitel. Ohne Abitur, ohne Studium. Er baute auf seine Kenntnisse, die er als gelernter Krankenpfleger erlangt hatte.
Immerhin: Patienten scheinen nicht zu Schaden gekommen zu sein. Obwohl Denny H. in 41 Fällen in einer Praxisklinik Narkosemittel verabreichte und als Schiffsarzt mehr als 1300 Passagiere und Crew-Mitglieder behandelte. Echte Ärzte und durch H. getäuschte Arbeitgeber wurden als Zeugen befragt. Sie stellten dem Hochstapler gute Zeugnisse aus. Bis hin zur Erklärung: „Er war der beste Arzt, den wir hatten.“
Schuldig der gefährlichen Körperverletzung, des Betrugs, der Urkundenfälschung, des Titelmissbrauchs sowie der Freiheitsberaubung im Zusammenhang mit den durchgeführten Narkosen, so das Urteil. Patienten sei nichts passiert, so die Richter. „Aber es bestanden Risiken – der Angeklagte wäre nicht in der Lage gewesen, bei Komplikationen einzugreifen.“
Denny H. wollte bereits als kleiner Junge Medizinmann werden. So hatte er es den Richtern geschildert. Das Abitur wollte er ablegen. Doch weil er Probleme mit dem Stiefvater hatte und neben der Schule arbeiten ging, musste er das Gymnasium verlassen. „Ein tragischer Fall“, sagten seine Verteidiger. Sie hatten auf Bewährung plädiert.
Der Krankenpfleger aus Sachsen-Anhalt war nach etwa zehn Jahren Arbeit in seinem eigentlichen Beruf unzufrieden geworden. Den Richtern erklärte er, für ihn seien die zunehmend wirtschaftlichen Aspekte im Krankenhausalltag nicht mehr zu ertragen gewesen. Aus Sicht der Richter aber trieb ihn „kein reiner Altruismus“. „Es ging um Selbstaufwertung und darum, dass ein Arzt mehr Geld verdient.“ Er nahm 500 000 Euro ein.
Mit gefälschten Dokumenten als angeblicher Anästhesist und Intensivmediziner erschlich er sich 2010 bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation eine Stelle als Koordinator. H. dozierte vor angehenden Krankenschwestern und -pflegern und verabreichte in einer Praxisklinik als Aushilfe Narkosemittel. Schließlich heuerte er als Schiffsarzt an. Nun will er die Branche wechseln: Als Assistent bei einem befreundeten Dokumentarfilmer.
Kerstin Gehrke
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