Brandenburg: Kohlendioxid unter die Erde gepresst
Geologe: Speicherung noch nicht praxistauglich
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Ketzin/Potsdam - Auf einem Testgelände am Rande der Kleinstadt Ketzin im Havelland ist gestern erstmals Kohlendioxid (CO2) in 600 bis 800 Meter tief liegende Hohlräume gepumpt worden. Damit tritt das vom Geoforschungszentrum Potsdam geleitete und von mehreren Energieunternehmen sowie von Land, Bund und EU unterstützte Forschungsprojekt in seine entscheidende Phase. Im Laufe der nächsten Jahre wollen die Wissenschaftler prüfen, ob sich das in Braunkohlenkraftwerken anfallende Treibhausgas in unterirdische Hohlräume problemlos verpressen lässt. Dazu wurden in den vergangenen Monaten drei große Löcher in den Untergrund gebohrt. Nur eines davon dient der Einleitung von Kohlendioxid. In den beiden anderen Bohrungen befinden sich hochsensible Apparaturen zur Überwachung der Kohlendioxidwolke.
Nach Angaben des Geoforschungszentrums sind die Bedingungen bei Ketzin für dieses weltweit einzigartige Pilotprojekt nahezu ideal. Das Kohlendioxid werde in eine poröse Sandsteinformation gepresst. Eine Tonschicht verhindere das Entweichen des Gases nach oben. Die drei Bohrlöcher seien mit Spezialzement sicher abgedichtet worden. Schon zu DDR-Zeiten wurde bei Ketzin Stadtgas und danach Erdgas gespeichert. Insgesamt sollen hier ein Jahr lang 60 000 Kubikmeter des aus Leuna per Tankwagen gelieferten Kohlendioxides in die Erde gepumpt werden.
Mit der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid könnten Kraftwerke künftig deutlich sauberer Strom produzieren. Allerdings sei die Technik für diese sogenannten CO2-freien Kraftwerke im Moment noch nicht effizient genug, um in der Energieerzeugung eingesetzt zu werden, sagte der Leiter des Forschungs- und Entwicklungsprogramms Geotechnologien des Bundesforschungsministeriums, Ludwig Stroink, gestern.
Aufwendig ist dem Geologen zufolge insbesondere die Abspaltung des Kohlendioxids aus den Kraftwerksdämpfen, bevor es beispielsweise mit Pipelines in tiefe Erdschichten geleitet wird. Die Abspaltung sei nicht nur teuer, sondern auch mit einem „erheblichen Effizienzverlust“ für den Energiegewinnungsprozess des Kraftwerks verbunden. Bei einer Anwendung des derzeitigen Stands der Technik „würde der Strompreis steigen“, sagte Stroink. Über genaue Zahlen wolle er nicht mutmaßen, einige Forscher sprächen aber von 80 Prozent höheren Stromkosten. Ebenfalls nicht vollends anwendungstauglich ist laut Stroink die Technik zur unterirdischen Speicherung des Kohlendioxids. Es werde noch an Überwachungstechnologien gearbeitet, um sicher nachzuweisen, dass das Treibhausgas nach seiner Injizierung in tiefe Erdschichten auch dort bleibe und nicht in die Atmosphäre gelange.
Greenpeace und andere Umweltorganisationen haben das Ketziner Pilotprojekt stets als „wirtschaftlich wenig sinnvoll“ und „riskant“ kritisiert. Das Geld sollte stattdessen zur größtmöglichen Vermeidung von Kohlendioxid ausgegeben werden, verlangten sie. Ste.(mit ddp)
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