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Brandenburg: Konzern-Name mit Nazi-Image

Die Chefs des Kranbau Eberswalde wollen ihrem Betrieb den alten Namen „Ardelt-Betrieb“ verleihen

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Eberswalde - Der Name Ardelt hat eine braune Vergangenheit. So sieht es jedenfalls fast jeder in Eberswalde. Die Firma hat während beider Kriege für die Rüstung gearbeitet und tausende Zwangsarbeiter aus Konzentrationslagern beschäftigt. Und doch will der Vorstand des Unternehmens Kranbau Eberswalde fortan den Namen des Ingenieurs und Firmengründers Robert Adelt auf die Kräne und Containerbrücken aus Nordost-Brandenburg schrauben. Ab Mitte Juni soll es soweit sein. Dann wird der Markenname Kranbau Eberswalde der Vergangenheit angehören, kündigte Geschäftsführer Heinz Lindecke an. Dass der neue und alte Name nicht unbedingt gute Erinnerungen mit sich bringt, scheint in der Chefetage nicht unbedingt so sensibel diskutiert zu werden, wie in der Stadt.

„Die Ardelts waren stramme Nazis“, sagt zum Beispiel Wolfgang Sachse, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Stadtverordneten-Versammlung. Gründer Robert Ardelt und zwei seiner hochrangigen Mitarbeiter haben im Gemeinderat gesessen, erläutert Sachse. Und dorthin wurden nur die überzeugtesten und treuesten Nationalsozialisten berufen. „Rückwirkend muss man nicht auch noch die Familie mit der Namensverleihung honorieren“, so Sachse.

Heute will die Stadtverordnetenversammlung eine von der Linken beantragte Resolution überreichen, in der die sechs Fraktionen des Stadtparlaments einstimmig darauf drängen, die Entscheidung zur Umbenennung rückgängig zu machen. Die Firma exportiere ihre Kräne auch in Länder, aus denen während der Nazi-Diktatur Zwangsarbeiter rekrutiert worden sind, so Sachse weiter. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die den Namen gerne lesen werden.“ Außerdem werde die Marke Kranbau Eberswalde zur Genüge von ausländischen Investoren nachgefragt. Da brauche man keinen Image-Wechsel.

Für Geschäftsführer Heinz Lindecke ist Kranbau eben kein Markenname. „Kranbau Eberswalde ist die Beschreibung der Tätigkeit und die Bezeichnung der Stadt“, sagt Lindecke, der glaubt, dass dann VW nicht VW sondern Automobilbau Wolfsburg heißen müsste. Mit dem Namen Ardelt hingegen würde man erstmal eine internationale Marke schaffen, mit der man sich auch gegen weltweite Konkurrenz wie die in Korea durchsetzen könne. Immerhin habe der Export einen Anteil von 95 Prozent am gesamten Produktionsvolumen. Mit dem herkömmlichen Namen, so Lindecke, sei es schon häufiger zu Verwechslungen gekommen. So sei ihm berichtet worden, dass potenzielle Geschäftspartner, die nach der Internet-Seite des Unternehmens gesucht haben, im Kranbau Köthen gelandet seien.

Abgesehen von der NS-Vergangenheit der Gründerfamilie fürchtet Carsten Bockhardt (CDU), Vizelandrat und Wirtschaftsdezernent um den Bekanntheitsgrad der Region. „Dadurch fallen wichtige Synergie-Effekte weg.“ Mit jedem Kran, den die Firma in die Welt exportiere, werde schließlich auch der Name der Stadt mitgeliefert. Er verstehe nicht, warum das Unternehmen, das „auf drei Jahre hinaus volle Auftragsbücher hat“ und sich mit „Kranbau Eberswalde“ am internationalen Markt etabliert habe, jetzt einen solchen Schritt gehen muss.

Dass nicht nur NS-Opfer sich verletzt fühlen könnten, findet Bürgermeister Friedhelm Boginski (FDP) und verweist auf die 4000 Beschäftigten, die das Werk zu DDR-Zeiten hatte. „4000 Familien fühlen sich so mit dem alten Namen verbunden“, sagt Boginski. Das sei eine große Familie, eine Dynastie. „Damit nimmt man den Leuten ein Stück Heimat weg.“

Geschäftsführer Heinz Lindecke bekräftigte unterdessen mehrmals die Absichten der Firma, „sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen“. Er erinnerte an die Ausgleichszahlungen der deutschen Industrie an Opfer des NS-Regimes. Außerdem will er zusammen mit dem Unternehmerverband eine Ausstellung in Eberswalde über das Schicksal von Zwangsarbeiten unterstützen. „Wir werden Herrn Lindecke daran erinnern“, so Bürgermeister Boginski, „dass es in der Verantwortung des Unternehmens liegt, sich der Geschichte zu stellen“.

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