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Ökologischer Landbau: Kritik an Brandenburgs Bio-Bauern

Der Chef der Kette Bio-Company fordert mehr unternehmerisches Risiko und vermisst klare Linie in der Agrarpolitik.

Von Matthias Matern

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Berlin/Potsdam - Der Chef der Berliner Bio-Supermarktkette Bio-Company, Georg Kaiser, fordert angesichts des ungedeckten Bedarfs an regionalen Bioprodukten in der Hauptstadt von Brandenburg Biobauern und Produzenten mehr Zusammenarbeit und unternehmerisches Risiko. „Einzelne machen das. Aber das sind insgesamt viel zu wenige“, sagte Kaiser den PNN. Das Potenzial, das es noch am Berliner Markt zu nutzen gelte, bezeichnete der Bio-Company-Chef als riesig. Selbst bei Standardprodukten stoße man an Grenzen. Besonders groß sei das Defizit nach wie vor in der Weiterverarbeitung. „Da gibt es nicht einmal ansatzweise etwas“, kritisierte Kaiser. Von der rot-roten Landesregierung Brandenburgs verlangte der Unternehmer künftig einen klareren Kurs in der Agrarpolitik.

Kaiser zufolge gibt es in Brandenburg gerade einmal drei oder vier echte Unternehmer in der Biobranche. Doch selbst in einigen Vorzeigebetrieben wie etwa der Gläsernen Molkerei in Münchhofe oder der noch recht jungen Lobetaler Molkerei sei die Produktpalette überschaubar. „Die machen im Wesentlichen Milch, Joghurt und Käse. Andere füllen mit ihren Produkten fünf Regalmeter“, so Kaiser. Waren wie eine eigene Bio-Keksmarke etwa seien absolute Fehlanzeige.

Der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) zufolge betrug der gesamte Umsatz des regionalen Bio-Fachhandels im vergangenen Jahr mehr als 320 Millionen Euro. Damit seien die Erlöse mit einem Plus von zehn Prozent zum wiederholten Mal im zweistelligen Bereich gestiegen, heißt es in einer Erklärung. Bei der Eröffnung neuer Verkaufsfilialen sei 2013 sogar ein Rekordjahr gewesen. Allein Bio Company habe die Anzahl um sechs auf mittlerweile 32 Filialen erweitert. In Potsdam ist Bio Company dreimal vertreten.

Im Vergleich aber herrsche bei der Entwicklung neuer Anbauflächen für Bio-Produkte in Brandenburg nahezu Stillstand. Gerade einmal um 0,74 Prozent auf 143 836 Hektar sei die ökologisch bewirtschaftete Fläche Brandenburgs 2013 gewachsen. Der Löwenanteil der heutigen Anbaufläche stamme im Wesentlichen aus den 90er-Jahren, als es praktisch noch keinen Markt gegeben habe und die Betriebe vorrangig von der Öko-Prämie leben mussten, so der Ökoverband. Zwar sei Brandenburg hinsichtlich des Flächenanteils mit einem Bio-Anteil von 10,9 Prozent noch deutscher Spitzenreite, andere Bundesländer wie Saarland und Hessen (je 10,7 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (9,3) und Baden-Württemberg (8,2 Prozent) seien Brandenburg mittlerweile jedoch hart auf den Fersen.

FÖL-Chef Michael Wimmer sieht dafür die Politik der rot-roten Landesregierung verantwortlich. Dadurch, dass in Brandenburg in den vergangenen drei Jahren die Umstellung der Betriebe auf biologische Landwirtschaft nicht gefördert wurde, sei wertvolle Zeit verschlafen worden. Auch an der teilweise unausreichenden unternehmerischen Denkweise vieler Brandenburger Bio-Bauern trägt die Politik nach Wimmers Meinung eine Mitschuld. „Ausbildung, Beratung – Brandenburg hat geradezu sträflich nichts gemacht, um diese Mentalität irgendwie zu fördern“, sagte Wimmer. Brandenburg sei das einzige Bundesland, das den Landwirten keine professionellen Berater zur Seite stelle. „Das einzige derartige Instrument, die finanzielle Unterstützung für Betriebe, die sich beraten lassen wollen, wurde 2002 ersatzlos gestrichen.“

Bio-Company-Chef Georg Kaiser fordert von Rot-Rot vor allem endlich eine klare Linie in der Agrarpolitik. „Ich erwarte nicht einen Haufen Geld, sondern eine langfristige und verlässliche Unterstützung.“

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