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Von Matthias Matern: Kritik an Windkraft-Plänen des Landes

Wolfgang Blasig, Landrat von Potsdam-Mittelmark, fordert „einheitliche Lesart“ in der Landesregierung

Von Matthias Matern

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Potsdam - Bis 2020 muss das Land Brandenburg den Stromertrag aus der Windkraft fast verdoppeln, sollen die Ziele der Energiestrategie erreicht werden. Mindestens 20 Prozent des Primärenergiebedarfs sollen dann durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Aus Sicht der Landesregierung spielt die Windkraft dabei eine wichtige Rolle. Von derzeit 4170 Megawatt auf 7500 MW soll der Ertrag steigen. Doch so klar das Ziel ist, so schwer ist es zu erreichen. In Deutschlands fünftgrößten Bundesland fehlt es an ausreichend Fläche. Zudem laufen weiterhin Anwohner Sturm gegen die „Verspargelung“ ihrer Ortschaften. Am Montagnachmittag traf sich Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) mit Landräten und Leitern der Regionalen Planungsgemeinschaften, um das Problem zu diskutieren.

Mit einem Ergebnis sei nicht zu rechnen, hieß es vorab aus dem Wirtschaftsministerium. Es handele sich um ein „Informationsgespräch“. Hauptthema sei zudem die neue Förderstrategie für erneuerbare Energien, so ein Ministeriumssprecher. Doch erst vor wenigen Tagen bestätigte Christoffers, dass er in den „Zielkonflikten“ mit der Bevölkerung auf die Hilfe der Planungsgemeinschaften setze. Diese sind für die Ausweisung neuer Windeignungsgebiete zuständig.

Dass die „Verspargelung“ nach wie vor ein Ärgernis ist, dürften die Teilnehmer bereits bei der Anfahrt bemerkt haben. Knapp 30 Vertreter der Volksinitiative gegen die Massenbebauung Brandenburgs mit Windindustrieanlagen zogen am Nachmittag vor die Staatskanzlei, um die Ankommenden mit Transparenten und Trillerpfeifen zu begrüßen. Im vergangenen Jahr stellte sich die Volksinitiative sogar zur Landtagswahl. „Wir sind wütend“, sagte deren Sprecher Thomas Jacob gestern. Noch vor der Wahl habe die Linke gefordert, mit den Windkraftgegnern müsse der Dialog gesucht werden, sagte Jacob. „Mit uns hat keiner den Dialog gesucht.“ Vielmehr versuche die Landesregierung mit „größerer Brachialgewalt als zuvor“, ihre Pläne durchzusetzen.

Forderten die Windkraftgegner im vergangenen Jahr noch einen Mindestabstand von 1500 Metern zu Siedlungen, sind es jetzt 2000 Meter. Potsdam-Mittelmark-Landrat Wolfgang Blasig (SPD), zugleich Vorsitzender der Regionalversammlung Havelland-Fläming, hat Verständnis für die Proteste. „Zumal wenn der Abstand zur nächsten Anlage vielleicht nur 800 Meter beträgt“, sagte Blasig gestern vor dem Treffen. Zehn potenzielle neue Windgebiete würden derzeit im Bereich der regionalen Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming untersucht. „Vor allem rund um Beelitz und entlang der Autobahnen“, berichtete Blasig. Obwohl bereits mehrere Planungsgemeinschaften ihre Pläne aktualisiert hätten, sei es absehbar, dass die Vorgabe des Landes kaum zu erreichen sei.

Insgesamt soll der Anteil von Windkraftflächen von derzeit rund 1,3 Prozent der Landesfläche auf 1,9 Prozent steigen. Potenzial sieht Christoffers in der Nutzung ehemaliger Militärareale, sogenannten Konversionsflächen. Doch auch dort gibt es „Zielkonflikte“. „Die Meinungen dazu gehen zwischen dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium auseinandergehen“, sagte Blasig. Im Umweltministerium stünde nach wie vor der Naturschutz an erster Stelle. „Ich erwarte eine einheitliche Lesart“, forderte Blasig. Auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Windkraftgegnern fühle er sich allein gelassen. Die Gerichtskosten etwa würden die Kommunen „aus eigener Tasche bezahlen“ müssen.

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