zum Hauptinhalt

Brandenburg: Ku’damm-Raser schweigen vor Gericht Anwälte widersprechen

aber Mordvorwurf

Stand:

Berlin - Als „Ku’damm-Raser“ wurden sie bekannt. Nun stehen Hamdi H. und Marvin N. in einem Prozess, den es bundesweit so noch nicht gegeben hat: Erstmals geht es nach einem illegalen Autorennen mit tödlichem Ausgang um den Vorwurf des Mordes. Mit Vollgas sollen die Angeklagten über den Kurfürstendamm gerast sein. Bis Hamdi H. einen unbeteiligten Geländewagen rammte. Mit mindestens 160 Stundenkilometern, so die Ermittlungen. Michael W., der 69-jährige Fahrer, starb im Wagen.

Der Medienandrang ist groß, als der Prozess beginnt. Hinter Hamdi H. und Marvin N., 27 und 24 Jahre alt, liegen sechs Monate Untersuchungshaft. Im Gerichtssaal sitzt ihnen nun einer der beiden Söhne des Opfers gegenüber. Seinem Blick weichen sie aus. Die Nebenkläger wollen die Wahrheit erfahren und „hoffen auf eine empfindliche Strafe“, sagt der Anwalt der Brüder. Es gehe um ein Signal in Richtung der Raserszene. Mit einem Urteil, das abschreckend wirken könnte.

Staatsanwalt Christian Fröhlich strebt die größtmögliche Härte an. H. und N. hätten sich an einer Ampel am Adenauerplatz auf ein „Stechen“, wie es in der Raser-Szene heißt“, geeinigt. Im Audi 6 Quattro mit mehr als 200 PS saß H., der Gegner hinterm Steuer eines Mercedes AMG CLA mit weit mehr als 300 PS.

„Beide versuchten, das illegale Straßenrennen zu gewinnen und sich die damit verbundene und angestrebte Selbstbestätigung zu sichern“, so die Anklage. Tödliche Folgen hätten sie billigend in Kauf genommen. Zwei Mordmerkmale werden genannt: Aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln hätten sie gehandelt. Hamdi H. aus Moabit schießen Tränen in die Augen, als die Vorwürfe verlesen werden. Marvin N., sitzt regungslos neben seinen beiden Verteidigern. Derzeit äußerten sich die Angeklagten nicht, erklären diese. „Gegebenenfalls später“, schieben sie nach. Was geschah, „hätte nicht passieren dürfen“, so einer der Anwälte. „Hamdi H. bereut sehr“, erklärt ein anderer Verteidiger. Alle widersprechen der Anklage.

Der Vorwurf des Mordes sei nicht haltbar. „Der Raserei ein Ende machen darf man nicht, in dem man die Gesetzeslage unzulässig ausweitet und verschärft“, sagt ein Anwalt. Eine Bestrafung, wie sie dem Ankläger vorschwebe, sei nach derzeitiger Rechtslage nicht zu erreichen.

Es war kurz nach Mitternacht, als die Männer mit Leidenschaft für schnelle und protzige Autos am 1. Februar Gas gaben. Rote Ampeln wurden ignoriert – elf sollen es gewesen sein. 3,4 Kilometer über den Kurfürstendamm. Bis ihnen ein Jeep, der „Grün“ hatte, zufällig in die Quere kam. Der Rentner hatte keine Chance. Wie Pfeile seien die beiden weißen Wagen durch die Straße geschossen, gab ein Zeuge zu Protokoll. Mit Tempo 160 soll H. in den Geländewagen gerast sein. Er wurde 70 Meter weit geschleudert. Der Audi wurde durch den Zusammenprall gegen den Mercedes gedrückt, prallte gegen eine Mauer und landete auf der Mittelinsel. Die beiden Fahrer sowie die Beifahrerin von N. stiegen leicht verletzt aus. Der Prozess geht Montag weiter.Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })