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Verurteilt. Oliver Enderlein mit Anwalt Dörstelmann (rechts).

© dpa

Brandenburg: Kurzer Prozess gegen Ex-Vorzeigeunternehmer

Einstiger Carport-Firmenchef wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs zu Bewährungsstrafe verurteilt

Stand:

Frankfurt (Oder) - Der einstige brandenburgische Vorzeigeunternehmer Oliver Enderlein gibt sich am Mittwoch wortkarg. Auf Journalistenfragen blickt der 26-Jährige, der als Angeklagter im dunklen Anzug ins Landgericht Frankfurt (Oder) gekommen ist, nur gerade aus. Für den früheren Firmenchef des Carport-Herstellers Dacapo Holzbau GmbH aus Herzfelde bei Strausberg im Kreis Märkisch-Oderland wird es ein kurzer Prozess. Nach nur anderthalbstündiger Verhandlung verkündet der Vorsitzende Richter Matthias Fuchs eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten.

Die Kammer spricht den einst als „Gründerchampion“ gefeierten Mittzwanziger, der schon mit 17 Jahren eine eigene Firma gründete und später einem Betrieb mit 65 Mitarbeitern vorstand, wegen Insolvenzverschleppung, Bankrott, Subventionsbetrug sowie acht Fällen des Betruges schuldig. Zudem muss er 3000 Euro an die Staatskasse zahlen, um ihn die Strafe „auch wirtschaftlich spüren zu lassen“, wie Richter Fuchs anmerkt.

Die Taten habe der Angeklagte begangen, als sich die wirtschaftliche Lage der Firma im zweiten Halbjahr 2008 verschlechterte, sagt der Richter. Ende November sei das Unternehmen zahlungsunfähig gewesen. Der Angeklagte habe aber keinen rechtzeitigen Insolvenzantrag gestellt. Stattdessen habe er Holz für Carports beiseitegeschafft. Trotz Zahlungsschwierigkeiten der Firma habe Oliver Enderlein im Herbst 2008 zudem Waren und Dienstleistungen bei anderen Firmen bestellt. Einen „relativ hohen Schaden“ habe der Angeklagte verursacht, als er Mitte Dezember das Herzstück der Produktion, eine Maschine zum Zuschnitt von Holz, verkaufte, ohne die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) als Fördermittelgeber zu informieren. Der Staatsanwalt beziffert den Schaden allein für diese Tat auf rund 154 000 Euro.

Durch eine Vereinbarung ersparen sich die Prozessbeteiligten einen langen und teuren Prozess. So verständigen sich Kammer, Staatsanwalt und Verteidigung darauf, dass Oliver Enderlein im Falle des Geständnisses eines Teils der ursprünglich angeklagten 22 Tatvorwürfe maximal zu einem Jahr und zehn Monaten verurteilt wird.

Verteidiger Florian Dörstelmann teilt daraufhin mit, dass sein Mandant die genannten Vorwürfe im Wesentlichen bestätigt. Im Plädoyer verweist der Anwalt darauf, dass sein Mandant schon in sehr jungen Jahren 65 Mitarbeitern Arbeit und Auskommen verschafft und zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beigetragen habe. Dass Oliver Enderlein die Insolvenz nicht sofort anmeldete, sei „Schuld einer unternehmerischen Unerfahrenheit“ des damals 24-Jährigen. Die Vorwürfe gegen ihn seien in den vergangenen zwei Jahren eine „massive Belastung“ gewesen.

Der Staatsanwalt merkt an, dass der Angeklagte eine „gewisse Bekanntheit“ im Land Brandenburg erlangt habe. „Wer hoch aufgestiegen ist, fällt umso tiefer, und das tut weh“, sagt er. Auch der Richter verweist darauf, dass Oliver Enderlein zum Tatzeitpunkt „relativ jung“ gewesen sei. Andererseits habe er mehrjährige Erfahrungen als Geschäftsführer gehabt.

Auf den Zuschauerbänken sitzen auch Opfer des Geschäftsgebahrens des Angeklagten. „Für mich ist er ein Betrüger“, sagt Edgar Schober, Geschäftsführer einer Montagefirma aus Großräschen (Oberspreewald-Lausitz). Dacapo habe ihm noch im Herbst 2008 Aufträge zur Montage zweier Carports erteilt, obwohl das Unternehmen nicht zahlen konnte. Bewährung sei sicher angemessen, aber Oliver Enderlein er hätte eine höhere Geldstrafe erhalten müssen, sagt Schober über den Mann, der heute nach eigenen Angaben als Handelsvertreter für Carports tätig ist. Jörg Schreiber

Jörg Schreiber

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