
© dpa
Mehr Senioren: Land der Hochbetagten
Einer Studie zufolge wächst die Zahl der über 80-Jährigen im Land Brandenburg bundesweit am stärksten.
Stand:
Potsdam/Berlin - In keinem anderen Bundesland steigt der Anteil hochbetagter Menschen so stark wie im Land Brandenburg. Bis 2030 wird sich die Zahl der über 80-Jährigen nahezu verdoppelt haben und 9,3 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Das zumindest ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung aus Gütersloh. In den kommenden rund 20 Jahren werde sich der Anteil dieser Altersgruppe voraussichtlich um 93 Prozent erhöhen, teilten die Wissenschaftler am Mittwoch mit. Damit belege das Land Brandenburg bundesweit den Spitzenplatz. Am zweitstärksten wird die Zahl der über 80-Jährigen laut der Studie in Berlin zunehmen. Dort haben die Analysten einen Anstieg um 92 Prozent errechnet. Der geringste Zuwachs (41 Prozent) wird für das Saarland erwartet.
Bundesweit geht die Bertelsmann-Stiftung von einem durchschnittlichen Anstieg um 60 Prozent aus. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung liege dann bei 8,3 Prozent. Besonders stark wachsen werde der Anteil hochbetagter Männer. „Wir haben uns bewusst die über 80-Jährigen herausgenommen, da wir für diese Altersgruppe mit einem erheblichen Pflegebedarf rechnen“, sagte Petra Klug, Projektleiterin der Stiftung. Die Studie sei auch als Hinweis an die Kommunen gedacht. Diese müssten sich bei der Entwicklung ihrer Infrastruktur, etwa bei Pflegeeinrichtungen oder Angeboten für das altersgerechten Wohnen, auf den wachsenden Anteil älterer Menschen einstellen. „Mein Eindruck ist, dass das viele Kommunen in Deutschland noch nicht in ausreichendem Maße machen“, sagte Klug.
Nach Ansicht von Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes, seien die Kommunen damit jedoch überfordert. Nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen werde steigen, auch werde es immer mehr ältere Menschen geben, die Anspruch auf Sozialleistungen wie etwa der Grundsicherung im Alter haben. „Bislang wurde diese Leistung überwiegend von den Kommunen geschultert“, sagte Böttcher. Zwar habe der Bund zuletzt in Verhandlungen zugesichert, diesen Posten zu übernehmen, doch die Gespräche seien „ins Stocken geraten“. „Das bereitet uns erhebliche Sorgen“, betonte der Landesgeschäftsführer. Auch die von Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) angekündigte Kürzung der Städtebauförderung um bundesweit weitere 45 Millionen Euro sei diesbezüglich „dramatisch“. Denn betroffen sei auch das Teilprogramm „Soziale Stadt“, mit dem bislang viele Projekte für den altersgerechten Stadtumbau gefördert worden seien. „Die Kommunen können solche Maßnahmen keinesfalls alleine stemmen“, meinte Böttcher.
Landesweit am stärksten steigen wird die Zahl der über 80-Jährigen laut der Studie im Kreis Oberhavel. Dort erwarten die Wissenschaftler sogar einen Zuwachs um 139 Prozent. Unter den vier kreisfreien Städten wird der Anteil in Cottbus mit 90 Prozent am stärksten wachsen. Gleichzeitig werden dort und in anderen Berlin fernen Städten und Gemeinden die Bevölkerungszahlen insgesamt aber schrumpfen. Für Cottbus erwartet die Bertelsmann-Stiftung einen Rückgang um 13,4 Prozent, Petra Klug rechnet deshalb mit gravierenden Folgen. „Wer bietet dort überhaupt noch Dienstleitungen für ältere Menschen an, wie kann da überhaupt noch ein Gemeinwesen funktionieren?“, fragt sie sich.
Die brandenburgische Landesregierung geht von einem Anstieg der Pflegebedürftigen bis 2030 um rund 40 000 auf insgesamt 130 000 Personen aus. „Angesichts dieser Prognose ist die Fachkräftesicherung in der Pflege eine wichtige Aufgabe“, sagte Regierungssprecher Thomas Braune. Dies werde aber nur gelingen, wenn man den Pflegeberuf für junge Leute attraktiver mache, mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen bieten könnte.
Aber auch auf geringere Einnahmen, etwa aus der Einkommenssteuer, müssten sich schrumpfende Kommunen einstellen, gab Städtebund-Chef Böttcher gestern zu bedenken. „Zudem werden die Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich nach einem Bevölkerungsschlüssel berechnet. Da müssen wir uns künftig etwas einfallen lassen“, fordert Böttcher. Zwar sei in der Berechnung mittlerweile ein Demografiefaktor einbaut worden, doch dies könne nur eine temporäre Lösung sein, meint er.
Für den Raum Berlin geht die Stiftung dagegen von einem Wachstum aus. In Berlin soll der Zuwachs 6 Prozent betragen, in Potsdam sogar 11,2 Prozent. Insgesamt werde die Bevölkerung Brandenburgs jedoch schrumpfen – um 5,8 Prozent. Der Bundesschnitt liegt bei 3,7 Prozent.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: