zum Hauptinhalt

Von Henri Kramer: Land prüft Regeln für Privatschulen

Konsequenz aus Educon-Affäre: Dort waren 871 Schüler gemeldet, aber nur 313 wurden beschult

Stand:

Potsdam - Als Konsequenz aus der Affäre um mutmaßlich gefälschte Schülerzahlen bei dem Bildungsdienstleister Educon prüft das brandenburgische Bildungsministerium sein Regelwerk für private Schulen. Wie Ministeriumssprecher Stephan Breiding den PNN bestätigte, werde noch im laufenden Schuljahr entschieden, ob die Zuschussverordnung für staatlich geförderte Ersatzschulen überarbeitet werden muss. Speziell gehe es darum, ob Verfahrensänderungen beim Nachweis der Zahl der Schüler und ihres Schulbesuchs erforderlich sind.

Das Bildungsministerium wirft der Educon-Gruppe vor, Schülerzahlen gefälscht zu haben, um unerlaubt höhere Fördergelder zu kassieren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Educon-Seite bestreitet alle Vorwürfe. Sie wirft dem Land unter anderem vor, dass die Zuschussverordnung ungenau auszulegen sei. So wies ein Educon-Anwalt nach einem den PNN vorliegenden Brief bereits im September 2009 daraufhin, dass es laut der geltenden Verordnung „nicht darauf ankommt, wie viele Schüler ’tatsächlich’ beschult werden“. So knüpfe das Regelwerk die Gewährung von Schulen an die amtlichen Daten der vertraglich gebundenen Schüler. Tatsächlich steht in der Verordnung, der bewilligte Zuschuss werde „auf der Grundlage von Auswertungen entsprechender amtlicher Daten“ des vorhergehenden Schuljahres errechnet. Das Ministerium hatte vergangenen Mai drei Ersatz-Schulen der Educon in Potsdam und Cottbus geschlossen. An den Schulen habe es gemeldete 871 Schüler gegeben, laut Ministerium hätten nur 313 Schüler nachgewiesen werden können. Das Ministerium spricht von Schäden in Millionenhöhe. Zwischen 2006/07 und 2008/09 hatte das Ministerium an Educon-Schulen im Land Brandenburg insgesamt 13,44 Millionen Euro überwiesen.

Zugleich bestätigte die Landesregierung jetzt in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen, dass der Schulträger Educon schon wiederholt gegen das Land vorgegangen ist. „Bereits vor dem Verfahren zum Entzug der Genehmigungen waren bei Gericht insgesamt 18 Klagen erhoben worden.“ Zugleich bestreitet die Landesregierung die Kritik der Grünen, es gäbe „offenkundige Kontrolldefizite gegenüber privaten Schulträgern“. Es müsse aber zugestanden werden, dass Schulträger mit „besonderer krimineller Energie“ unter Umständen nicht erfasst würden, so die Landesregierung.

Keine genauen Angaben will die Landesregierung zu den Spenden der Educon an Potsdamer Sportvereine machen, etwa den VfL Potsdam, dem der Bildungsdienstleister jahrelang als Sponsor diente. Präsident des  VfL Potsdam ist Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), der damit auch die Aufsicht über das Privatschulwesen besitzt. Die Landesregierung erklärt nun, Rupprecht übe das Amt beim VfL nicht als Teil der Exekutive aus, sondern privat. Die Auskunftspflicht der Landesregierung erstrecke sich daher nicht auf „Vereinsinterna“. Die Querverbindungen machen die Grünen aber stutzig. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, welche Beträge geflossen sind, wenn dienstliche Aufsicht und ehrenamtliches Engagement von Ministern gefährlich nah beieinander liegen“, sagte Grünen-Landtagsabgeordnete Marie-Luise von Halem. So soll Educon auch Thema im geplanten Untersuchungsausschuss zu dem Kasernen-Deal in Krampnitz sein, in dem auch das SPD-Sportler-System generell – nahezu alle Minister sind Sportvereins-Präsidenten – auf Interessen-Verquickungen untersucht werden soll.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })