Brandenburg: Land verbietet Aufmärsche an Kriegsgräbern Neonazis sagen „Heldengedenken“ ab
Potsdam/Frankfurt (Oder) - Neonazis dürfen vor den Kriegsgräberstätten in Seelow und Spremberg künftig nicht mehr aufmarschieren. Die Landesregierung verabschiedete gestern in Potsdam eine Rechtsverordnung zu dem seit einem Jahr geltenden Gräberstätten-Versammlungsgesetz.
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Potsdam/Frankfurt (Oder) - Neonazis dürfen vor den Kriegsgräberstätten in Seelow und Spremberg künftig nicht mehr aufmarschieren. Die Landesregierung verabschiedete gestern in Potsdam eine Rechtsverordnung zu dem seit einem Jahr geltenden Gräberstätten-Versammlungsgesetz. Darin wird nach Angaben der Staatskanzlei wie schon bei der Bannmeile um den Waldfriedhof von Halbe bestimmt, auf welchen Straßen rund um den Friedhof von Seelow und die Kriegsgräberstätte auf dem Georgenberg von Spremberg Versammlungen grundsätzlich verboten sind.
„Wir setzen damit ein deutliches Signal, dass wir weder in Halbe noch anderswo zulassen, dass Ewiggestrige das Andenken und die Würde der hier ruhenden Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft missbrauchen“, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Die Landesregierung durchkreuze auf diese Weise Pläne rechtsextremistischer Kreise, die Gräberstätten in Seelow und Spremberg als Ausweichorte zu nutzen. Am Volkstrauertag 2006 waren über 1000 Rechte nach Seelow ausgewichen, nachdem ihre für Halbe geplante Versammlung untersagt worden war.
Brandenburg setze mit der neuen Verordnung seine Strategie fort, gegen Extremisten mit den Mitteln des Rechtsstaates vorzugehen, sagte Schönbohm weiter. So sei auf Grundlage des Gräberstätten-Versammlungsgesetzes schon im Frühjahr dieses Jahres ein Aufmarsch von Rechtsextremisten in der Nähe des Halber Soldatenfriedhofs verhindert worden.
Unterdessen sagte der Anmelder des jährlichen Neonazi-Aufmarsches zum Volkstrauertag in Halbe die Demonstration für dieses Jahr ab, wie der Sprecher des Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder), Peter Salender, sagte. Hinweise auf andere Orte, an denen es um den 18. November zu ähnlichen Veranstaltungen kommen könnte, lägen derzeit nicht vor.
„Wir werden uns dennoch auf einen Einsatz rund um den Volkstrauertag gründlich vorbereiten“, sagte Salender.
Der Waldfriedhof von Halbe ist die größte Kriegsgräberstätte Deutschlands. Dort sind rund 23 000 Soldaten begraben, die in der letzten großen Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs im Frühjahr 1945 fielen. Seit Jahren versuchen Neonazis insbesondere zum Volkstrauertag, die Geschichtsträchtigkeit des Ortes für ihre Aufmärsche zu missbrauchen. Sie hatten dazu auf 20 Jahre im Voraus Aufmärsche angemeldet. Der im Gräberstätten-Versammlungsgesetz festgelegte Schutzbereich umfasst den Friedhof selbst, die ihn umgebenden Straßen und den Friedhofsvorplatz.
Auf dem Seelower Friedhof fanden rund 660 Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS ihre letzte Ruhestätte. In der Kriegsgräberstätte auf dem Georgenberg in Spremberg wurden 665 deutsche und etwa 300 sowjetische Soldaten beigesetzt. Jörg Schreiber
Jörg Schreiber
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