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Brandenburg: Landeslabor: Kritik auch von Berliner Amtsärzten Verwirrung über Angaben zur Personalzahl

Berlin/Potsdam - Der Ärger über die Proben von Speiseeis macht die Misere deutlich: Alljährlich im Frühjahr schicken die Lebensmittelüberwachungsämter der Berliner Bezirke Proben aus verschiedenen Eissalons ins Landeslabor Berlin-Brandenburg, um sie mikrobiologisch untersuchen zu lassen. Es geht dabei um den Gehalt von möglicherweise gesundheitsschädlichen Keimen.

Von Matthias Matern

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Berlin/Potsdam - Der Ärger über die Proben von Speiseeis macht die Misere deutlich: Alljährlich im Frühjahr schicken die Lebensmittelüberwachungsämter der Berliner Bezirke Proben aus verschiedenen Eissalons ins Landeslabor Berlin-Brandenburg, um sie mikrobiologisch untersuchen zu lassen. Es geht dabei um den Gehalt von möglicherweise gesundheitsschädlichen Keimen. Doch auch dieses Jahr bekamen etliche Behörden die Ergebnisse erst viele Wochen später – und in einigen Fällen sogar bis heute noch nicht. „Das stellt den Sinn unserer Proben doch total infrage“, zürnten am Donnerstag von dieser Zeitung befragte Amtsärzte. Deshalb unterstützen sie die heftige Kritik ihrer brandenburgischen Kollegen am Landeslabor, das seit dem Jahr 2009 für die Untersuchung von Proben beider Länder zuständig ist.

Wie berichtet hatte der Vorsitzende des Verbandes der Tierärzte im Öffentlichen Dienst Brandenburg, Knut Große, zu Beginn dieser Woche in einem offenen Brief an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die „Misstände im Landeslabor“ angeprangert. Es gebe viel zu wenig Personal, deshalb würden die Proben teilweise nur sensorisch, also durch Riechen, Tasten oder bloßes Hinsehen, begutachtet, satt mikrobiologisch oder chemisch untersucht. Zudem dauere es statt wie vorgegeben sechs bis acht Wochen mitunter viele Monate vom Eingang einer Probe bis zum abschließenden Befund. Der stellvertretende Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Foodwatch, Matthias Wolfschmidt, hatte daraufhin sogar der Landesregierung Brandenburgs Rechtsbruch vorgeworfen, weil die offensichtlich nur lückenhaften Kontrollen gegen EU-Recht verstoßen würden.

Aber selbst wenn diese bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Eiscreme zügig analysiert würden, dauere es noch viel zu lange, bis das Labor „endlich die Ergebnisse“ verschicke. „Irgendwie kümmert sich keiner so richtig drum, dass diese wichtigen Infos zur Post gehen“, schimpfen auch Berliner Amtsärzte.

Allerdings betonen die Lebensmittelüberwachungsämter, dass ihre Kritik nur die routinemäßigen Proben in Eissalons, Restaurants oder Läden betrifft. Sei Gefahr im Verzug wie Anfang der Woche durch Brechreiz auslösende Noroviren in einem Feriencamp in der Uckermark (wir berichteten), so hätten diese Untersuchungen im Labor Priorität. „Dann liegen die Ergebnisse meist rasch vor.“

Man wolle nichts beschönigen, teilte die Berliner Senatsverwaltung für Verbraucherschutz am Donnerstag mit. „Die Personalsituation im Landeslabor ist schwierig.“ Dies sei „eine Spätfolge“ der lange Zeit zwischen Berlin und Brandenburg umstrittenen Finanzierung des Labors. Gerungen wurde darum, wer wieviel Geld für was ausgibt. Inzwischen sieht die Verbraucherschutzbehörde aber die Dinge optimistisch. „Im vergangenen März haben sich die Länder auf einen soliden Wirtschaftsplan für das Labor geeinigt“, heißt es. Es fließe mehr Geld, Personaleinstellungen seien geplant. Künftig zahle Berlin 17 Millionen Euro jährlich, zwei Millionen Euro mehr als früher, für das gemeinsame Untersuchungsinstitut. Brandenburg steuere 20 Millionen Euro bei, weil es als Agrarland mehr Tierseuchenproben einschicke. Um wie viele Mitarbeiter das Personal aufgestockt werden soll, könne man noch nicht sagen, erklärt ein Sprecher des Labors. „Hier gibt es noch Verhandlungen.“ Zurzeit habe das Landeslabor rund 500 Beschäftigte, heißt es aus der Senatsverwaltung.

Brandenburgs FDP-Chef und Verbraucherschutzexperte seiner Fraktion im Landtag, Gregor Beyer, wundert sich über die Angaben aus Berlin. Seines Wissens habe Berlin seinen Anteil zuletzt vielmehr um zwei Millionen Euro gekürzt. Zudem habe das Landesverbraucherschutzministerium noch Ende vergangenen Jahres in der Antwort auf eine Kleine Anfrage die Zahl der Vollzeitstellen mit 444 angegeben. „Sollte es Einstellungen in dieser Größenordnung gegeben haben, würde ich auch als Parlamentarier erwarten, dass wir im Ausschuss darüber informiert werden“, sagt Beyer. Für eine Rückfrage war das Ministerium am Donnerstagnachmittag nicht zu erreichen.M. Matern und Chr. Stollowsky

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