Brandenburg: Landwirte wollen Protest fortsetzen Aktionen bedrohen Existenz kleiner Betriebe
Potsdam - „Wir werden am Donnerstag mit unseren Traktoren Berlin lahm legen“, hieß es gestern um 15 Uhr beim brandenburgischen Landesbauernverband (LBV). Eine Stunde später kam die Entwarnung: Man werde zwar die vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) für heute angemeldete Demonstration unterstützen, aber nicht mit schwerer Technik.
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Potsdam - „Wir werden am Donnerstag mit unseren Traktoren Berlin lahm legen“, hieß es gestern um 15 Uhr beim brandenburgischen Landesbauernverband (LBV). Eine Stunde später kam die Entwarnung: Man werde zwar die vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) für heute angemeldete Demonstration unterstützen, aber nicht mit schwerer Technik.
LBV-Sprecher Holger Brantsch, der in diesen Tagen einer der gefragtesten Interviewpartner im Land ist, versuchte eine Erklärung: „Bei uns überschlagen sich die Nachrichten. Stündlich bekommen wir neue Informationen über geplante Aktionen. Und es gibt bei den Kreisverbänden natürlich auch unterschiedliche Vorstellungen über die Form des Protests.“ Außerdem, sagt Brantsch, lägen die Nerven bei Brandenburgs Milchbauern liegen blank: „Die tagelangen Lieferstopps kosten die Landwirte viel Geld“. Auch deshalb habe man die Blockade der Molkereien zunächst einmal abgebrochen: „Wir wollen nicht riskieren, dass da einer durchdreht.“ Statt Blockaden werde auf Demonstrationen gesetzt. Gegen 17 Uhr verschickte Brantsch dann eine Erklärung, in er es hieß, dass sich „derzeit ein Traktorenkorso aus dem Havelland durch Berlin“ bewege. Der Deutsche Bauernverband rufe, so der märkische Landesverband „zu massiven Bauern-Demonstrationen“ auf.
Beim LBV und auch im Potsdamer Landwirtschaftsministerium riefen in den vergangenen Tagen immer mehr Milchbauern an, die ihre Existenz gefährdet sehen. Zwar seien alle der Meinung, dass sie bei den jetzigen Preisen nicht mehr existieren können, sagt Sprecher Brantsch, und die Proteste fortgesetzt werden müssen. Aber vor allem kleine Familienunternehmen seien durch die Ausfälle ihrer Einnahmen gefährdet. „Viele müssen Kredite abzahlen, und eine Streikkasse gibt es ja bei uns nicht“, sagt Brantsch. Deshalb habe man jetzt beim LBV ein Spendenkonto eingerichtet, auf das Landwirte, aber auch andere Menschen, die sich mit den Milchbauern solidarisieren wollen, Geld einzahlen können. Ein Sprecher des brandenburgischen Agrarministeriums begrüßte das: „Wir selbst können in einer solchen Situation keine Gelder zahlen“, sagte er. „Wir können nur versuchen, unseren Einfluss auf die Politik geltend zu machen, um eine Lösung zu beschleunigen.“
Bis auf Karstädt im Landkreis Prignitz wurden überall in Brandenburg die Blockaden der Molkereien inzwischen aufgehoben. Die Betrieben würden aber die Produktion nur langsam nach oben fahren, hieß es gestern. Die Bauern wollen nicht nur heute zur Demonstration nach Berlin kommen, sondern auch ihre anderen Aktionen fortsetzen. So kündigte die Oberhavel Bauernmarkt GmbH in Schmachtenhagen bei Oranienburg an, ab dem heutigen Donnerstag als Beitrag zur Protestaktion an jeden Kunden einen Liter Milch kostenlos abzugeben. Dies sei eine sinnvollere Fortsetzung des Protestes als das Ausschütten der Milch, sagte Geschäftsführer Norbert Hinkelmann. Die Milch stamme von den Kühen der Schmachtenhagener Agra Gesellschaft mbH, die den Bauernmarkt betreibe. Der brandenburgische Bauernbund-Präsident Karsten Jennerjahn warf unterdessen dem Milchindustrieverband „Arroganz der Macht“ und „Geklüngel mit den Lebensmittelketten“ vor. Ungeachtet des Milchlieferboykotts gebe es keine Bereitschaft, über Problemlösungen zu reden, sagte er.
Für den heutigen Donnerstag haben die brandenburgischen Milcherzeuger zu einem „Tag der Milch in Brandenburg“ aufgerufen. Je nach betrieblicher Situation sollten sich alle Betriebe an einem „Milchfreien Donnerstag“ beteiligen. Die Betriebe, die sich einen kompletten Milchliefertopp nicht leisten könnten, sollten zumindest heute die Milchlieferung für einen Tag zurückhalten. Sandra Dassler
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