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Brandenburg: Leben am Existenzminimum

Jeder sechste Märker lebt unter der Armutsschwelle

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Potsdam - 800 Euro Einkommen bezieht Cornelia Veith aus Potsdam monatlich. Zu wenig, um den Lebensunterhalt für sich, ihren arbeitslosen Mann sowie das jüngste ihrer vier zum Teil schon erwachsenen Kinder zu finanzieren. Deshalb nimmt sie unter anderem das Angebot der Potsdamer Suppenküche in Anspruch. Strom, Miete und Lebensmittel seien in den vergangenen Monaten durch die Wirtschaftskrise noch teurer geworden, klagt die 39-Jährige. „Zum Leben bleibt mir rein gar nichts“. Luxus wie eine Reise nach Paris mit ihrer achtjährigen Tochter – der größte Wunsch der Potsdamerin – kann sich die Familie erst recht nicht leisten. „Die ständigen Geldsorgen sind eine große Belastung für mich und meine Gesundheit“, betont Veith.

Das ist kein Einzelfall: Laut dem bundesweiten Armutsatlas des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes lebt mehr als jeder sechste Brandenburger unter der Armutsschwelle. Laut Bericht lag die Armutsquote im Jahr 2007 bei 17,5 Prozent. Mit diesem Wert rangierte die Mark im Vergleich der Bundesländer mit Berlin an sechster Stelle – aber im Osten Deutschlands, wo die Löhne niedriger liegen als im Westen, da ist Brandenburg mit diesem Wert zumindest die am wenigsten arme Region. Berlin und Brandenburg, zeigen, „sowohl in Verlauf als auch in der absoluten Höhe der Armutsquoten eine weitgehend parallele Entwicklung“. Brandenburg habe aber „eine deutlich positive Entwicklung von 2005 auf 2007 durchlaufen, die Armutsquote sank von 19,2 Prozent auf 17,5 Prozent“, heißt es in dem Bericht. Der Rückgang von 1,7 Prozentpunkten entspricht einer Abnahme der Armut von rund 9 Prozent.

Doch der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Brandenburg, Andreas Kaczynski, warnt vor vorschneller Freude. „Das Risiko, arm zu werden, ist in Brandenburg sehr hoch und wird durch die Wirtschaftskrise noch mehr steigen“, betont er. Auf Dauer gehe die hohe Armutsquote an die Substanz der gesellschaftlichen Integrationsfähigkeit.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hatte bereits in den Jahren 1989, 1994 und 2000 Armutsberichte vorgelegt. Der neue Atlas bricht laut Verband erstmals die Quoten auf regionale Ebene herunter. Er basiert auf Daten der Statistischen Landesämter. Demnach leben all jene Menschen in prekären Verhältnissen, die nur über 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügen.

Innerhalb Brandenburgs waren die Armutsquoten im Norden am höchsten. Dort war etwa jeder fünfte Bürger arm. Im Osten und Südosten lagen die Werte etwa im Landesdurchschnitt bei 17 bis 18 Prozent. Die niedrigste Quote wurde in Potsdam ermittelt. Mit 15,3 Prozent konstatiert der Bericht einen „Speckgürteleffekt“ um Potsdam und westlich und südwestlich Berlins.

Arbeitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) erläutert, dass vor allem Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern und mit Migrationshintergrund von Armut betroffen seien. Sie verspricht: Das Land werde besonders die Bildung verbessern, Arbeitsmarktchancen erhöhen und die für den sozialen Zusammenhalt notwendigen sozialen Bezüge zu fördern.

Bereits im vergangenen Jahr legte die Landesregierung einen Lebenslagenbericht vor, der in Brandenburg von einer Armutsrisikoquote von 13,7 Prozent ausging. In diesem Bericht wurde jedoch als Maßstab das durchschnittliche Einkommen in der Mark zugrunde gelegt. Das aber ist deutlich niedriger als in ganz Deutschland. Ein höherer Wert kommt zustande, wenn der Berechnung das bundesdeutsche Durchschnittseinkommen zugrunde liegt.

Cornelia Veith überraschen die Ergebnisse des Armutsatlas kaum. „Viele meiner Freunde leben seit Jahren an der Armutsgrenze“, sagt die 39-Jährige. Sie hoffe, dass sich die Landesregierung an den Daten orientiere und die finanzielle Unterstützung an die aktuelle Wirtschaftssituation anpasse: „Damit ich meiner Tochter mehr bieten kann“. Dania Ringeisen

Dania RingeisenD

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