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Wasserfreunde. Der Kaufmännische Leiter Marcus Börner (r.) und der Geschäftsführer Kai Jacobi von der Firma Jacko Schiffbau und Yachtservice GmbH an einem Hausboot in einer Werkhalle in Philadelphia (Brandenburg).

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild

Brandenburg: Leben auf dem Wasser

Hausboote sind meist unerschwinglich. Kai Jacobi und Marcus Börner wollen das mit ihrer Werft ändern

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Storkow - Das Holzhaus mit der großzügigen Terrasse thront auf zwei mächtigen Stahlrümpfen, ähnlich einem Katamaran. Noch steht es in einer großen Werkhalle. Schon bald soll das 5 mal 15 Meter große Floß auf dem Scharmützelsee schaukeln, als mobiles Seminar- oder Eventzentrum des Hotels „Esplanade“ in Bad Saarow (Oder-Spree). „Der Rumpf aus Stahl ist eine Maßanfertigung, hat höhere Auftriebswerte als Kunststoff und ist besser zu steuern“, erklärt Kaufmann Marcus Börner. Die gesamte Konstruktion wiege 6 Tonnen und könne – ohne unterzugehen – mit weiteren 12 Tonnen belastet werden, ergänzt Bootsbauer Kai Jacobi.

Auf einem 20 000 Quadratmeter großen Grundstück im Storkower Ortsteil Philadelphia (Oder-Spree) haben sich die beiden im vergangenen Herbst direkt am Storkower Kanal eine Werft aufgebaut. Jacobi kommt vom Fach. Er hat auf der Rostocker Neptun-Werft gelernt, kennt sich mit Bootsreparaturen auch an betagten Schiffen aus und übernahm vor Jahren die Firma „Flussfloß“ in Dolgenbrodt (Dahme-Spreewald) von seinem Vater.

Dort vermietet der 51-Jährige sieben selbst konstruierte Flöße an Urlauber. „Die sind ständig ausgebucht, Floßfahren ist einfach und liegt voll im Trend“, berichtet der gebürtige Berliner.

Der Wassertourismus in Berlin und Brandenburg ist weiterhin auf Wachstumskurs, vor allem durch Kapazitätserweiterungen. 60 Prozent der insgesamt 83 Charterbetriebe erwarten eine weiter steigende Nachfrage. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie der Industrie- und Handelskammern (IHK) in der Mark von 2015. Demnach werden jährlich allein 120 000 Bootsurlauber in Berlin und Brandenburg gezählt. Insgesamt erwirtschaftet die Branche laut der Studie einen jährlichen Umsatz von fast 200 Millionen Euro.

Der Trend sei ungebrochen, bestätigt Dirk Wetzel von der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. Flöße würden beispielsweise inzwischen wie schwimmende Wochenend-Datschen genutzt. „Es gibt viele Interessenten, die sind auf den Geschmack gekommen, wollen so einen schwimmenden Untersatz nicht mehr nur ausleihen, sondern kaufen“, schildert Jacobi. Er hat sich vor zwei Jahren mit dem bisherigen Fördermittel-Berater und Unternehmens-Coach Börner zusammen getan, nach eigenen Angaben mehr als 600 000 Euro investiert und die „Jacko Schiffbau und Yachtservice GmbH“ gegründet.

Zu den Kunden zählen leidenschaftliche Wasserwanderer, denen es mit zunehmendem Alter schwer fällt, auf klassischen Kajütbooten oder Jachten zu fahren. „Das Anlegen sowie das Ein- und Aussteigen wird beschwerlich“, beschreibt Jacobi. Familien mit Kleinkindern hätten Angst, die Kleinen könnten über Bord gehen. Eine Alternative seien ebenerdige Flöße mit viel Platz zum Grillen oder Sonnen und einer klettersicheren Reling aus Plexiglas.

„Für klassische Hausboote zahlst Du meist über 100 000 Euro. Wir bieten Konstruktionen, die auch mit Rollstuhl oder Rollator nutzbar sind und die maximal 60 000 Euro kosten“, erklärt der Fachmann und zeigt in die zweite Werfthalle. Dort entsteht ein Floß, das auf Kundenwunsch hin sogar eine integrierte Sauna hat. Wer weniger Geld ausgeben möchte, lässt sich von der Firma lediglich den Rumpf nebst Bodenplatte konstruieren, um anschließend die Aufbauten selbst vorzunehmen. „Unter unserer Anleitung, denn wir zertifizieren die Schwimmfähigkeit abschließend“, betont Börner. Zwei schwimmende Plattformen sowie vier neue Flöße sind in der Werft von Jacobi und zwei Mitarbeitern bislang gebaut worden. Angetrieben werden sie jeweils von einem 15-PS-Motor, für den der Nutzer keinen Bootsführerschein braucht.

Das Areal, auf dem die Werft ansässig ist, hat Potenzial für mehr, sind sich die Investoren einig. Börner zeigt auf einen Bebauungsplan mit kleinem Hafen inklusive Slipanlage, Winterliegeplätzen für Boote, Elektrotankstelle, Wasserwander-Rastplatz inklusive Sanitäranlagen, einem kleinen Zeltplatz sowie drei Ferienwohnungen. Zwei Millionen Euro wollen sie investieren, rund 20 Arbeitsplätze schaffen.

Bisher aber haben sie die zuständigen kommunalen Behörden davon noch nicht überzeugt, schildert der Storkower Tourismusmanager Andreas Gordalla. „Die tun sich schwer angesichts der Mischung von produzierendem Gewerbe und Tourismus“, deutet er an, kann die Bedenken allerdings nicht nachvollziehen. „Wir kämpfen gegen Abwanderung aus dem ländlichen Raum, freuen uns über jeden Investor.“ Es werde weiter daran gearbeitet, den Bebauungsplan von Börner und Jacobi genehmigungsfähig zu machen. „Aber das braucht seine Zeit“, sagt Gordalla. Immerhin jeder zweite der mehr als 300 Häfen im Land ist laut der IHK-Studie inzwischen touristisch ausgerichtet. 70 Prozent der Hafenbetreiber erwarten demnach eine steigende Nachfrage nach Dauerliegeplätzen.

Jeanette Bederke

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