Brandenburg: Lehrer-Streik zur Prüfung
Ausgerechnet mitten in den Abitur-Prüfungen ihrer Schüler wollen Berlins Lehrer wieder streiken. Der Senat will das verhindern
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Berlin - Die Lehrergewerkschaft GEW versucht zwar zu besänftigen, Berliner Abiturienten müssten wegen eines Lehrer-Warnstreiks keine Angst um ihre Prüfungen haben, doch in Berlin wächst die Kritik am Vorgehen der Gewerkschaft. Denn die hat ausgerechnet mitten in den Abitur-Prüfungen in der Bundeshauptstadt ihre Mitglieder zum Streik aufgerufen. Der Arbeitskampf werde wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Klausuren haben, sagte der Tarifexperte der Lehrergewerkschaft GEW, Holger Dehring, am Donnerstag. Doch er fügt hinzu: Letztlich liege es aber in der Verantwortung der Schulen, entsprechenden Ersatz für die streikenden Lehrer zu organisieren. „Das ist schulorganisatorisch lösbar“, sagte GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik. Die Aufsicht während der Klausuren müsse nicht der Fachlehrer übernehmen. Welche Lehrer dann, blieb offen.
Die angestellten Lehrer in Berlin sind für den 23. April zum Warnstreik aufgerufen. An diesem Tag schreiben die Schüler Abiturklausuren im Leistungskurs Biologie und werden für den mittleren Schulabschluss in der ersten Fremdsprache geprüft.
Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) könne den Warnstreik noch verhindern, wenn er sofort ernsthafte Verhandlungen aufnehme, sagte Dehring. Derzeit habe die Gewerkschaft aber das Gefühl, nur hingehalten zu werden. Doch der Berliner Senat setzt auf andere Mittel: Er versucht, diesen Streik mit einer einstweiligen Verfügung zu verhindern. Das Arbeitsgericht will darüber am heutigen Montag entscheiden. Der Senat findet den Warnstreik unverhältnismäßig und rechtswidrig, weil am Dienstag Abi- und MSA-Klausuren geschrieben werden.
Am Montag wollen der Finanzsenator und die Bildungssenatorin „Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs“ verkünden. Nach Informationen dieser Zeitung geht es um eine Arbeitsentlastung für ältere Lehrkräfte. Der GEW-Vorsitzende Hartmut Schurig sagte: „ Wir erwarten keine Almosen, sondern tarifliche Regelungen.“
Die GEW fordert unter anderem eine tarifliche Eingruppierung für angestellte Lehrkräfte. Der Einkommensunterschied zu verbeamteten Lehrern soll ausgeglichen werden. Außerdem sollen Regelungen zur altersgerechten Arbeitszeit festgeschrieben werden. Derzeit gibt es in Berlin rund 30 000 Lehrer, rund 8000 davon sind Angestellte, der Rest ist verbeamtet.
Die Senatsfinanzverwaltung hat Verhandlungen laut GEW bisher mit dem Argument abgelehnt, so etwas müsse in der Tarifgemeinschaft der Länder geklärt werden. Die Voraussetzungen für eigenständige Verhandlungen in Berlin seien nicht gegeben.
Die GEW dagegen sieht die Möglichkeit zu Landesverhandlungen trotzdem gegeben. Sollte Nußbaum nicht dazu bereit sein, will die Gewerkschaft den Streik am 23. April lediglich als Auftaktveranstaltung verstehen und möglicherweise in der gesamten dritten Maiwoche zu Warnstreiks aufrufen. Für den ersten Streiktag am kommenden Dienstag werden 1000 Teilnehmer erwartet. Es soll eine Fahrradsternfahrt und eine Kundgebung vor der Finanzverwaltung geben.
Neben den angestellten Lehrkräften in Berlin wollen auch die Lehrer der hauptstädtischen Musikschulen am Dienstag für bessere Arbeitsbedingungen protestieren. Die Musiklehrer haben zu einer Demonstration um 17 Uhr am Gendarmenmarkt aufrufen.Vieth-Entus (mit dpa)
Vieth-Entus (mit dpa)
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