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Brandenburgs Schüler im Stress: Leistungsdruck und Stundenausfall in Brandenburg

Der Leistungsdruck in märkischen Schulen steigt. Schon die Jüngsten suchen Unterstützung bei Nachhilfe-Anbietern.

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Potsdam - Brandenburger Schüler suchen bei Problemen im Unterricht immer häufiger Unterstützung bei privaten Anbietern von Nachhilfe. Schon längst klopfen auch Grundschüler bei ihnen an, berichten Anbieter von Zusatzunterricht in Brandenburg. „Dieser Bereich hat einen starken Aufwuchs erfahren“, bestätigte auch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs. „Die Nachfrage ist stabil auf hohem Niveau“, sagte der Sprecher des bundesweiten Nachhilfeanbieters Studienkreis, Thomas Momotow.

2012 suchten in den 35 märkischen Außenstellen des Studienkreises rund 2000 Schüler Hilfe. Am häufigsten wurde Unterstützung im Fach Mathematik angefordert, gefolgt von Deutsch und Englisch. Vor allem die Nachfrage im Grundschulbereich habe zugenommen, berichtete Momotow. Nach seinen Worten waren mehr als die Hälfte der 2000 Nachhilfeschüler im Alter zwischen elf und 15 Jahren. Schon zwölf Prozent waren erst zehn Jahre alt oder jünger.

„Wir erklären uns das hauptsächlich mit dem gestiegenen Druck des Arbeitsmarktes, der auf den Familien lastet“, sagte Momotow. „Wo früher niedrigere Abschlüsse genügt haben, ist heute Abitur nötig“, fügte die Vorsitzende des Verbands der Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN), Cornelia Sussieck, hinzu. Dies sei tendenziell ein neueres Phänomen. „Aus unserer Erfahrung kommen jetzt auch ehrgeizige Schüler, nicht mehr nur die ganz schlechten“, sagte Sussieck.

Der Leistungsdruck sei schon in den dritten Klassen zu spüren, sagte GEW-Landeschef Fuchs. Das habe mit dem Wechsel von der Grundschule in die Sekundärstufe I zu tun. Dieses Phänomen setze sich fort, wenn der Übergang in die Stufe II ansteht. Dazu komme in der Gymnasialstufe die Verkürzung der Schulzeit von 13 auf zwölf Jahre.

Strukturelle Probleme würden sich hinzugesellen. „Das märkische Bildungssystem ist unterfinanziert“, betonte der GEW-Chef. Wegen des hohen Krankenstands in der Lehrerschaft reiche die Vertretungsreserve nicht aus. Als direkte Folge bleibe die individuelle Förderung von Schülern oftmals auf der Strecke.

Auch Unterrichtsausfall spiele eine nicht unwesentliche Rolle, erklärte der Sprecher des Landeselternrates, Wolfgang Seelbach. Ihn hätten besorgniserregende Briefe von Elternvertretern aus Müllrose und Dallgow-Döberitz erreicht. Dort seien Eltern gezwungen, ihre Kinder in die Nachhilfe zu schicken, weil in den Schulen zu viele Unterrichtsstunden ausfielen. „Freie Nachhilfe-Anbieter profitieren so natürlich von den schulischen Defiziten“, pflichtete Fuchs bei. Bedrohlich sei die Lage für Kinder aus ärmeren Familien, denn ihre Eltern hätten nicht das Geld für private Nachhilfe. „Hier setze soziale Selektion ein. Wer alle Kinder und Jugendliche optimal fördern will, muss die Schulen auch optimal ausstatten“, betone der Gewerkschafter.

„Prinzipiell ist das märkische Bildungssystem so gestrickt, dass man ohne Nachhilfe sehr gut durchkommen kann. Individuelle Förderung ist und bleibt möglich“, betonte der Sprecher des Bildungsministeriums, Stephan Breiding. Im Einzelfall könne es natürlich sein, dass mal keine Förderung stattfinde, weil beispielsweise ein Lehrer krank ist. Ein gänzlicher Ausfall sei aber ausgeschlossen, weil Förderung im Lehrplan verankert sei.

Gestiegenen Leistungsdruck in der Gymnasialstufe räumte Breiding aber ein. „Wir haben die Verkürzung von 13 auf zwölf Jahre aber so gestrickt, dass dies für jeden Schüler machbar ist.“ dpa

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