
© Patrick Pleul/dpa
Brandenburg: Lichter Moment an der braunen Spree Rettungsprogramm für den Spreewald vor den rostbraunen Fluten läuft an.
Doch es ist erst ein Anfang. Und Sachsen sträubt sich gegen Vereinbarung
Stand:
Vetschau - Es geht los, die braune Spree wird entockert. Im Zuge der Rettungsaktion für den Spreewald vor der schlammigen, rostroten Spree und anderer Zuflüsse wurde am Dienstag in Vetschau erstmals eine frühere Grubenwasser-Reinigungsanlage wieder in Betrieb genommen. Das sei ein wichtiger Beitrag, „damit der Spreewald als Unesco-Biosphärenreservat erhalten bleibt“, sagt Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), in Brandenburgs Regierung für die „Verockerung“ zuständig. Es bleibe aber eine „langfristige Aufgabe“, die noch Jahrzehnte Anstrengungen erfordere. Er räumte ein, dass das Problem den Behörden bereits seit 2003 bekannt war. „Man hätte es anders kommunizieren müssen.“ Erst jetzt lägen aber Gutachten vor, um auch eine wirksame Gegenwehr vornehmen zu können.
Die Eisenbelastung der Spreewald-Zuflüsse, die zur Braunfärbung, zum Aussterben von Libellen, Würmern und Fischen führt, ist eine Spätfolge früherer DDR-Braunkohletagebaue. Für deren Erblasten ist die bundeseigene Bergbausanierungsfirma Lausitzer- und Mitteldeutsche Bergbau-Verwertungsgesellschaft (LMBV) zuständig. Die hat nicht zuletzt auf Druck des Aktionsbündnisses „Klare Spree“ ein neun Millionen Euro teures Programm allein für 2013/2014 gestartet, in das sich die Reaktivierung der alten Vetschauer Anlage einordnet: Das ist ein 6 Hektar großes Becken, in das nun das verunreinigte Vetschauer Mühlenfließ umgeleitet wird. Die Eisenfracht setzt sich dort zumindest teilweise ab, kann ausgebaggert und auf Deponien gebracht werden, erklärte LMBV-Chef Mahmut Kuyumcu. In der zweiten Phase werde man ab 2014 das Gewässer „aktiv reinigen“, mit einer Bekalkung, die das Ausflocken des Eisenhydroxids beschleunigt. Er erwarte, dass über diese Anlage „35 Prozent der hydrologischen Eisenfracht“, die aus insgesamt fünf kleineren Fließen in den Spreewald drückt, abgefangen werden kann. Kuyumcu versicherte, dass „noch in diesem Jahr Erfolge sichtbar“ sein würden.
Es geht um gewaltige Massen. Im Winter werden nämlich allein über diese kleinen Zuflüsse wie Greifenheiner, Eichower, Vetschauer Fließ und die Wudritz täglich rund sechs Tonnen Eisen in Richtung Spreewald geschwemmt. Alle Fließe sind tiefrot. Angelaufen sind Maßnahmen an einem weiteren Zufluss, nämlich die Ausbaggerung der massiv verseuchten Wudritz mit dem Fährhafen Ragow.
Die Spree selbst ist bislang noch halbwegs intakt, aber für den Spreewald eine tickende Zeitbombe. Aus dem Sächsischen bringt sie täglich 2,4 Tonnen Eisen mit, die bislang von der Talsperre Spremberg abgefangen werden, ein ungeplanter Nebeneffekt, der für Entlastung sorgt. Die Aktionsgemeinschaft „Klare Spree“ und der zuständige Spree-Neiße-Landrat Harald Altekrüger (CDU) drängen deshalb, dass auch auf sächsischer Seite die Rettungsmaßnahmen beschleunigt und ein Vorbecken der Talsperre Spremberg ebenfalls als Absetzbecken ertüchtigt wird. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will zur braunen Spree eine zusätzliche Verwaltungsvereinbarung mit dem Land Sachsen, das dafür aber bislang keinen Grund sieht.
Die Verockerung ist „nur“ eine von vielen Spätfolgen der DDR-Tagebauen, die die LMBV, die die Restlöcher zu Europas größter künstlicher Seenlandschaft flutet, vor immer neue Probleme stellt. Die Kosten für Kanäle zwischen den neuen Seen sind explodiert, wegen Rutschungen sind viele Böschungen und Ufer gesperrt. Brandenburgs Rechnungshof hatte voriges Jahr gerügt, dass allein die Kosten für den Überleiter 12 zwischen dem Senftenberger See und dem Geierswalder See, ein vom Land finanzierter Sportboot-Kanal ausschließlich für touristische Zwecke, von 12 Millionen auf rund 50 Millionen Euro explodiert waren. Und in Lauchhammer führt der Wiederanstieg des einst für den Tagebau abgesenkten Grundwassers dazu, dass die LMBV jetzt sogar die „Absiedlung“ einer kompletten Eigenheimsiedlung prüft, wie am Dienstag bestätigt wurde.
Finanziert wird die Bundesfirma LMBV über das mittlerweile vierte Verwaltungsabkommen der Bundesregierung und der ostdeutschen Kohleländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen, mit dem für 2013 bis 2017 insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Kuyumcu geht weiter davon aus, dass trotz ungeplanter Kosten für die Verockerung das Geld reichen wird und die Gesellschaft keine Aufstockung bei den öffentlichen Geldgebern beantragen muss.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: