Brandenburg: „Liebe Konkurrenz, zieht Euch warm an!“
Finanzminister Christian Görke führt die Linke in den Landtagswahlkampf. Landesgeschäftsführerin Johlige greift RBB-Fernsehen an
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Potsdam - Brandenburgs neuer Finanzminister Christian Görke ist Linke-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 14. September. Auf einer Landesvertreterversammlung in Potsdam wurde der 51-Jährige am Freitagabend mit einem Ergebnis von 86,7 Prozent (91 Ja-, 9 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen) gewählt. „Liebe politische Konkurrenz, zieht euch warm an!“, rief Görke nach seiner Wahl unter dem Beifall der Delegierten. Rot-Rot habe Brandenburg gutgetan – „und so soll es bleiben“. Als Wahlziel formulierte Görke ein Ergebnis von „25 plus X“, die machbar seien. Bei der letzten Landtagswahl 2009, nach der die Linken erstmals seit 1990 in die Regierung kamen, war die Linke mit 27,2 Prozent zweitstärkste Kraft hinter der SPD geworden. Görke soll auf einem Parteitag am Wochenende auch zum Landeschef gewählt werden.
In einer kurzen, kämpferischen Bewerbungsrede hatte Görke die Partei auf den „härtesten Wahlkampf ihrer Geschichte“ eingeschworen. „Die Zeichen stehen auf Angriff“, sagte Görke. Er wolle als Spitzenkandidat jedenfalls alles daran setzen, „dass es kein Naturgesetz ist, dass Linke in Regierungen immer verlieren müssen“. Zugleich hob er Erfolge der Linken in der rot-roten Koalition hervor, etwa die Verbesserung des Kita-Betreuungsschlüssels oder die geringere Pflichtstundenzahl für Lehrer, die gegen Widerstände der SPD umgesetzt wurde. Die Partei und auch er haben viel lernen müssen, darunter auch mit Angriffen umzugehen. „Wir sind in der Regierung angekommen und haben uns nicht verbogen“, sagte Görke. „Wir können Finanzen, Umwelt, Gesundheit, Justiz. Und wir können noch einiges mehr.“ Auf den selbstverschuldeten Rücktritt des Justizministers Volkmar Schöneburg und auf die Nöte von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers wegen zwei Pleite-Firmen ging Görke nicht ein. „Das Regierungspersonal der Linken hat ein Grundvertrauen der Parteibasis“, sagte Görke. Er formulierte die Linke- Ziele für die nächste Legilaturperiode. In der angestrebten Neuauflage der Koalition mit den Sozialdemokraten wollen die Linken ein kommunales Investionsprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro und einen Mindestlohn von zehn Euro bei öffentlichen Aufträgen in Brandenburg. „Und wir wollen einen neuen Anlauf für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor.“ Außerdem soll nach ihrem Willen der Kita-Betreuungsschlüssel für Kleinstkinder und für Drei- bis Sechsjährige noch weiter abgesenkt werden.
Während Görke die SPD verschonte, griff er die Union scharf an. „Brandenburg hat eine bessere Opposition verdient und keine schlechtere Regierung“, sagte er. Mit einer regierenden CDU würden die Weichen im Lande umgestellt, nämlich zugunsten freier Schulträger, weg von der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen, weg vom Kurs auf 10 Euro Mindestlohn, weg vom Durchbruch für die erneuerbaren Energien.
Görkes Rede traf den Nerv der Basis. Sein 86,7-Prozent–Ergebnis war deutlich besser als das bei der Kür von Kerstin Kaiser zur Spitzenkandidatin im Jahr 2009. CDU-Spitzenkandidat Michael Schierack war mit einen Ergebnis von 88,9 Prozent aufgestellt worden.
Der Schock bei den Linken über den Rücktritt Schöneburgs sitzt immer noch tief. Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige, die in den Landtag will, griff in ihrer Bewerbungsrede das RBB-Fernsehen an. Der Sender habe sich „in unglaublicher Weise“ an einer Kampagne gegen Schöneburg und andere Linke-Minister beteiligt, sagte sie. Johlige forderte die Linken auf, über den Rundfunkrat Einfluss auf die Berichterstattung des Senders zu nehmen. „Wir müssen erreichen, dass sich ein öffentlich-rechtlicher Sender nicht daran beteiligt, Politik zu delegitimieren.“ Niemand widersprach ihr.
nbsp;Thorsten Metzner
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