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Brandenburg: Linke Träume

Was für ein vergeigter Start in den Wahlkampf! Die frisch gekürte Linke-Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser wurde von jedem vierten Genossen nicht gewählt, soll aber 2009 das Brandenburger Wahlvolk überzeugen.

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Was für ein vergeigter Start in den Wahlkampf! Die frisch gekürte Linke-Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser wurde von jedem vierten Genossen nicht gewählt, soll aber 2009 das Brandenburger Wahlvolk überzeugen. Und das ausgerechnet vor einer Richtungswahl, bei der es für die in zwei Jahrzehnten Opposition ausgebrannte Partei um so viel geht. Um ein neues rot-rotes Projekt neben Berlin nämlich, um eine „rote Hauptstadtregion“. Aber auch um die dringend nötige Chance auf Regenerierung in einer Regierung. Jetzt muss man fragen: Sind die Brandenburger Linken überhaupt regierungsfähig?

Was in der Partei jetzt passierte, nämlich eine Abstrafung in Heckenschützenmanier, kannte man bisher nur von der märkischen CDU. Aber sozialistische Weltverbesserer sind auch keine besseren Menschen. Die Ex-PDS ist eben eine, Pardon, ziemlich stinknormale Partei geworden. Ein Verein mit inneren Konflikten, allerlei Eitelkeiten, Kämpfen um Posten, alten Rechnungen oder auch an Kaiser entladenen Frust über einen Landesvorsitzen Thomas Nord, der sich nächstes Jahr in den Bundestag abseilt, in den letzten Wochen bei der Vorverteilung der Landtagsmandate den Bogen etwas überspannte. Noch eine Gemeinsamkeit zur märkischen Union nach dem Abgang Jörg Schönbohms gibt es: Auch bei Brandenburgs Linken fehlen übergreifende Autoritäten, die die Partei früher zusammenhielten, Lothar Bisky, Dagmar Enkelmann, Heinz Vietze. Stopp, Damen und Herren der Sozialdemokratie, Sie sollten sich nicht zurücklehnen! Ohne Matthias Platzeck stünde die SPD keinen Deut besser da.

Politisch relevant für die Brandenburger Wahl ist nach der Kaiser-Kür nur eins: Eine stabile Mehrheit der Linken steht hinter dem rot-roten Kurs der Führung, der Spitzenkandidatin, dagegen ist – und zwar außerhalb der künftigen Fraktion – ein Viertel der Partei. Das ist für früheren Landesverband von Lothar Bisky viel, zu viel. Aber es bleibt immer noch eine beherrschbare Minderheit. Spannender ist, welchen Kurs die Linke, als zweitstärkste Kraft im Lande etabliert, im Wahlkampf einschlagen wird. Der fällt im 20.Jahr nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus wahrscheinlich mit einer Rezession zusammen, die zu unberechenbaren Eruptionen im Lande führen kann. Wird die Linke eher behutsam damit umgehen, wie es Kaiser will? Oder wird die Opposition der Verführung erliegen, Stimmungen ähnlich wie im Jahr 2004 anzuheizen, wie es Landeschef Nord andeutete? Sollte dies geschehen, dann können Brandenburgs Linke ihre Regierungsträume begraben.

KOMMENTAR von Thorsten Metzner

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