ORTSTERMIN: Linker Applaus für die Bundeswehr
Begeisterung sieht anders aus. Gerrit Große, Vize-Präsidentin des Landtags und Linke, ließ ihren Blick durch den Plenarsaal streifen.
Stand:
Begeisterung sieht anders aus. Gerrit Große, Vize-Präsidentin des Landtags und Linke, ließ ihren Blick durch den Plenarsaal streifen. Ihr Genosse, der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Thomas Domres, stützte den Kopf auf die Hand. Ein Gesichtsausdruck war nicht zu erkennen. Und als CDU-Fraktionschef Michael Schieracks nach seiner Rede zu Ehren von fünf Bundeswehroffizieren fertig war und der ganze Saal applaudierte, klatschten auch Große und Domres, aber nur zwei-, dreimal.
Dabei war es ein feierliche Akt am Freitagnachmittag. Erstmals verlieh der Landtag eine eigene Auszeichnung – die Ehrenmedaille des Landtages zur Anerkennung von Verdiensten für das Gemeinwesen. Eine Premiere in der Landesgeschichte. Unter den Geehrten waren KZ-Überlebende, Feuerwehrmänner, Museumsgründer, ein Sorbe, Entwicklungshelfer, die Gründerin des Netzwerkes für gesunde Kinder, Bürger, die sich für sozial Schwache und Flüchtlinge einsetzen, der Bombenentschärfer Manuel Kunzendorf, eine international tätige Beobachterin von Krisenherden, aber auch ein junger Mann, der durch seinen schnellen Einsatz mehreren Menschen bei einem Unfall das Leben gerettet hat.
Vorbilder hatte Landtagspräsident Gunter Fritsch die 30 Geehrten Brandenburger zuvor genannt in seiner Rede. Etwas spröde war sie, kühl, der Mann ist schon lange im Amt und 71 Jahre alt, sein Lebenswerk, der neue Landtag, ist vollbracht, mit den Wahlen im September ist für ihn Schluss. Der Esprit ist fort. Ganz anders CDU-Fraktionschef Schierack, und das hatte einen Grund: Er durfte die Reden für fünf Offiziere des Logistikbataillons in Beelitz und die Frau eines Soldaten halten. Er durfte das tun, was ursprünglich Fritsch selbst in weitaus größerem Rahmen vorhatte, aber scheiterte: Soldaten, die im Auslandseinsatz waren, ehren.
Genau ein Jahr ist es nun her, dass sich Fritschs Pläne zerschlugen. Er wollte in Brandenburg stationierte Bundeswehr- Soldaten nach der Rückkehr von Auslandseinsätzen mit einer neuen Medaille des Parlamentes ehren, wie es bereits Sachsen-Anhalt praktiziert. Die Medaille sollte erstmals am 11. April 2013 in Beelitz an 250 Soldaten, die aus Afghanistan zurückkehrten, bei einem Appell verliehen werden. Die Bundeswehr hatte auf Bitten bereits Namenslisten übersandt. In letzter Minute wurden das Vorhaben des Parlamentspräsidenten gestoppt – auf Druck der Linken, die traditionell gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr ist. Die SPD-Fraktion beugte sich dem Veto, wollte keinen Koalitionszwist riskieren. In der Staatskanzlei, die Fritschs Vorhaben aktiv unterstützt hatte, schüttelten viele den Kopf über die Linken. Es war auch ein Affront gegenüber der Bundeswehr. Man einigte sich auf ein neues Modell: Der Landtag stiftet jedes Jahr eine Medaille für 30 Menschen, die sich um das Gemeinwesen verdient gemacht haben.
Für Schierack war es sichtlich ein Genuss, nun die Rede für die Offiziere zu halten: „Sie werden daher auch stellvertretend für alle Brandenburger Soldaten ausgezeichnet. Ob in Prenzlau oder Strausberg, in Storkow oder Schönewalde, unser Brandenburger Dank gilt der gesamten Bundeswehr.“ Und die beiden Parlamentarier der Linken klatschen, wenn auch lau, aber immerhin. Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) war da. Als Innenminister absolvierte er mehrfach Reservistentrainings bei der Bundeswehr, mit Menschen in Uniform kann er gut. Nach dem Festakt stand er lange zusammen mit Oberstleutnant Boris Nannt. Er war bis Frühjahr 2013 Standortkommandant in Beelitz. Auch er bekam eine Medaille.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: