Brandenburg: Linkspartei will künftig mitregieren
Gregor Gysi: Brandenburgs Linke nach 17 Jahren Opposition „in einer Unterforderungssituation“
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Potsdam – Die Linkspartei in Brandenburg will nach der Landtagswahl 2009 die Große Koalition durch ein rot-rotes Regierungsbündnis ablösen. Auf dieses Ziel haben der alte, neue Parteichef Thomas Nord und der Chef der Bundestagsfraktion Gregor Gysi die an den Oppositionskurs gewöhnte Basis am Samstag auf einem Landesparteitag in Blossin eingeschworen. Beide nannten die rot-rote Politik in Berlin ausdrücklich als Vorbild für Brandenburg. Die Linkspartei sei hier nach 17 Jahren Opposition „in einer Unterforderungssituation“, es werde „höchste Zeit“, dass sie mitregiere, sagte Gysi. „So schnell wie möglich.“ Die Linke müsse dazu bereit sein, „dann aber auch reale Veränderungen durchsetzen“, so Gysi. Bei Verhandlungen mit der SPD dürfe es „keine Unterwürfigkeit“ geben. Nord, der mit einem Wahlergebnis von 86,25 Prozent erwartungsgemäß klar zum Parteichef wieder gewählt wurde, warnte unter dem Beifall der rund 200 Delegierten vor innerparteilichen Konflikten auf diesem Weg: „Lassen wir uns weder von Sozialdemokraten noch von sonst wem in Karrieristen und Basis aufspalten!“, so Nord. Mitregieren bedeute „Knochenarbeit“.
Als einzige inhaltliche Bedingungen für Rot-Rot formulierten Nord und Gysi eine sozialere Regierungspolitik als jetzt – wie im Nachbarland Berlin. Anders als in Brandenburg würden in Berlin auf Grundlage eines Vergabegesetzes öffentliche Aufträge nur an Firmen vergeben, die mindestens einen Stundenlohn von 7,50 Euro zahlen. „Hier muss Brandenburg ausnahmsweise werden wie Berlin“, sagte Gysi. Anders als im von der Großen Koalition regierten Brandenburg sei das letzte Kita-Jahr in der Hauptstadt gebührenfrei. Anders als in Brandenburg fahren in Berlin sozial Bedürftige mit dem Sozialticket zum halben Preis in Bus und Bahn, so Nord. In Brandenburg habe die Regierungskoalition die Volksinitiative gerade abgeschmettert. Nord warf SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck vor, in Hessen Wahlkampf für die SPD zu machen, die dort kostenlose Schulbusse, kostenlose Mittagessen in Kitas und Schulen sowie eine Gemeinschaftsschule bis zur 10. Klasse fordere, all dies aber in Brandenburg zu verweigern. Platzeck sei, sagte die Bundestagsabgeordnete Dagmar Enkelmann, „ein Landesvater der schönen Worte, des schönen Scheins.“
Der Berliner Linksparteichef Klaus Lederer gab den Brandenburger Genossen auf den Weg, Berliner Fehler nicht zu wiederholen. „Markige Sprüche und Parolen landen auf Dauer nicht bei den Menschen“. Anders als in Berlin habe die Linkspartei in Brandenburg Zeit, sich auf die Regierungsbeteiligung vorzubereiten. Allerdings, so Lederers Appell an die Brandenburger Basis, gehe so ein Projekt nur auf, „wenn es die ganze Partei mitträgt“. Man dürfe es nicht allein den künftigen Ministern, Staatssekretären und Referenten überlassen, wie es auch in Berlin zunächst geschehen sei. „Wir haben Lehrgeld gezahlt.“
Der Mecklenburger Linke-Landtagsfraktionschef und frühere Umweltminister Wolfgang Methling warnte vor linken Illusionen. „Es ist nicht egal, wer regiert. Aber es ist klar, dass es auch bei einer rot-roten Koalition in Brandenburg keine sozialistische Republik geben wird.“
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