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Von Michael Klug: Luckenwalde kämpft um sein Image Stadtfest gegen Demo

von Neonazis

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Luckenwalde – Der Mann aus dem kleinen Fotoladen am Marktplatz von Luckenwalde hatte an diesem Samstag einfach nur Angst. „Bevor ich mir die Schaufenster eingeschlagen lasse, verzichte ich auf die paar Euro und schließe lieber“, sagte der Endvierziger und ließ bereits gegen Mittag die Jalousien seines Geschäfts herunter. Und wie er dachten ganz offensichtlich viele Luckenwalder. Während sich in Berlin die bundesdeutsche Demokratie mit der Wahl eines neuen Bundespräsidenten feierte, marschierten knapp 30 Kilometer südlich von Berlin rund 250 Rechtsextremisten mit Sprechchören wie „60 Jahre Lüge sind genug“ durch Luckenwalde, das einer Geisterstadt ähnelte.

Die Wenigen, die sich nicht abschrecken ließen, trafen sich auf dem Platz zwischen Marktturm und Rathaus. Gerade einmal 400 Menschen fanden nach Polizeiangaben den Weg dorthin zu einem Stadtfest, das sich gegen Rechtsextremismus und Antidemokratie wandte.

„Ich finde das zum Kotzen. Luckenwalde ist keineswegs eine Insel der Glückseligen, aber die wenigen Einzelfälle hier treten sonst nicht öffentlich mit ihrem rechten Gedankengut in Erscheinung“, machte Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide (SPD) ihrer Wut darüber Luft, dass ausgerechnet ihre Stadt am Tag der Präsidentenwahl zum Aufmarschgebiet der Rechten wurde. Zugleich war das Stadtoberhaupt froh, dass sich Firmen und Vereine spontan für eine Gegenveranstaltung einsetzten. „Es ist dann doch ein Triumph der Demokratie, wenn Vertreter aus allen gesellschaftlichen Bereichen binnen kürzester Zeit ein Stadtfest organisieren, um den Rechten zu zeigen, dass sie hier nicht willkommen sind“, tröstete sich Herzog-von der Heide.

Dass die Wahl der Organisatoren der rechten Demonstration auf Luckenwalde fiel, hielt der Landrat von Teltow-Fläming, Peer Giesecke (SPD), keineswegs für einen Zufall. „Luckenwalde war bislang frei von rechten Strukturen. Es muss für die Rechten also eine Herausforderung gewesen sein, die Leute hier zu missionieren. Die Region Teltow-Fläming und besonders die Stadt Luckenwalde haben sich in der Vergangenheit ein gutes Image aufgebaut. Dem haben wir etliche betriebliche Neuansiedlungen, darunter auch von ausländischen Investoren, zu verdanken“, sagte der Landrat. An die Luckenwalder appellierte er deshalb, sich gegen rechte Umtriebe in der Stadt zur Wehr zu setzen. Es gehe dabei auch um Arbeitsplätze.

Am Nachmittag zogen rund 250 Neonazis begleitet von einer Gegendemonstration mit etwa 320 Teilnehmern vom Bahnhof aus durch die Innenstadt. An Straßenlaternen waren über 100 Plakate mit der Aufschrift „Luckenwalde gegen Nazis“ aufgehängt worden. Die Polizei war mit 500 Beamten aus Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sowie Bundespolizisten im Einsatz.

Nach Polizeiangaben gab es bis auf kleinere Rangeleien keine nennenswerten Zwischenfälle. Es gab zwei Festnahmen von Angehörigen der linken Szene, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, sowie zwölf Platzverweise wegen Verstößen gegen Auflagen. Zudem wurden acht Personen wegen Stein- und Flaschenwürfen oder Verstößen gegen das Vermummungsverbot in Gewahrsam genommen.

Michael Klug

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