Linkenchefin über Kreisgebietsreform: Mächtigs zorniger Abgang
Es gab Krach in der rot-roten Koalition wegen der geplanten Kreisgebietsreform: Linke-Fraktionschefin Margitta Mächtig warf Innenminister Karl-Heinz Schröter „autistische Züge“ vor
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Potsdam - In der rot-roten Regierungskoalition hängt bei der geplanten Kreisgebietsreform der Haussegen schief. Am Dienstag verabschiedete sich Linke-Fraktionschefin Margitta Mächtig, die aus gesundheitlichen Gründen das Amt demnächst abgeben wird, auf ihrer letzten Pressekonferenz mit einem zornigen Ausbruch gegen SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter. Mächtig warf ihm bei der Vorbereitung der Kreisgebietsreform wörtlich „autistische Züge“ vor. Auslöser dafür war, dass Schröter gegenüber SPD-Landräten bereits einige Details zur geplanten Reform, etwa zu vom Innenministerium präferierten Varianten von möglichen Mindestgrößen der neuen Großkreise, publik gemacht hatte, wovon nach ihren Worten die Linke als Koalitionspartner überrascht wurde. „Ich fühle mich nicht düpiert: Ich fühle mich verarscht – vom Innenminister“, sagte Mächtig dazu. Dieser Umgang mit dem Koalitionspartner sei „nicht fair“.
Zwar versuchten beide Seiten die Wogen zu glätten. Schröter selbst äußerte sich nach der Sitzung des Kabinetts verwundert über die Attacke. Es müsse ein „Sturm im Wasserglas“ sein, sagte er. Er spreche mit vielen: „Frau Mächtig sollte einmal die Fachpolitiker ihrer Fraktion fragen, die haben den gleichen Wissensstand.“
Doch der eigentliche Krach in der rot-roten Koalition zur Kreisreform droht allerdings noch – und zwar in der Sache selbst, wie der Ausbruch Mächtigs deutlich machte. Im für Sommer angekündigten Leitbild für die Kreisgebietsreform will Schröter nämlich vorschlagen, dass die neuen Großkreise – die derzeit 18 laut Koalitionsvertrag ab 2019 auf maximal zehn gestrafft werden – mindestens 175 000, 200 000 oder sogar 225 000 Einwohner haben sollen. Für die Linken führt dieser Ansatz, wie Mächtig deutlich machte, von vornherein zu großen Kreisen.
Für die Grünen-Opposition im Landtag, die der geplanten Reform aufgeschlossen gegenüberstehen, sind die rot-roten Turbulenzen und das Agieren des Ministers ein Alarmsignal. „Der Umgang mit dem großen Vorhaben ist unglücklich. Und zwar so unglücklich, dass die Reform scheitern kann“, warnte Ursula Nonnemacher, die innenpolitische Sprecherin der Grünen. Auch die Grünen halten nach Worten von Fraktionschef Axel Vogel Kreise mit 200 000 oder 225 000 Einwohnern im Land – Grundlage ist die Bevölkerungsprognose für 2030 – für zu groß. Auf der anderen Seite begrüßen die Grünen Schröters Ansatz, eine Flächenobergrenze festzulegen, die nicht überschritten werden darf. Auch CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben warnte, dass das Innenministerium und die rot-rote Koalition zu große Kreise plane. „Die Lebensrealität in Brandenburg lässt nicht Kreise von über 200 000 Einwohnern zu.“
Dagegen verteidigte SPD-Fraktionschef Klaus Ness das Vorgehen Schröters. Es sei selbstverständlich, dass der Innenminister mit dem Leitbild verschiedene Varianten vorlegen werde, wie groß künftige Kreise sein könnten. „Man muss Orientierungspunkte haben, als Grundlage für die anschließende Diskussion.“ Ness wies darauf hin, dass noch genügend Zeit für Debatten sein werde, da der Vorschlag des Innenministers für ein Leitbild dann vom Kabinett beraten wird, und am Ende die Entscheidung „ohnehin beim Landtag liege“. Nach den Plänen der rot-roten Koalition sollen die neuen Kreisstrukturen 2019 wirksam werden, mit der dann gleichzeitig zur Landtagswahl stattfindenden Kommunalwahl. Die Anwürfe Mächtigs seien unangemessen, sagte er. „Ich verstehe die Aufregung nicht.“
Zunächst einmal wurde aber ein für Dienstag anberaumtes Gespräch der Fraktionsspitzen von SPD und Linken mit dem Innenministerium und der Staatskanzlei nach PNN-Informationen abgesagt. Die Linke hatte schon im Vorfeld Unmut geäußert, weil Schröters Zahlen schon zuvor publik geworden waren, der Fraktion aber kein Papier dazu für das Treffen vorgelegen habe, hieß es. So wurden schließlich die Fraktionschefs wieder ausgeladen. (mit axf)
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