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Brandenburg: Makabere Szenen im Gerichtssaal Prozess gegen zwei terrorverdächtige Türken

Berlin - Im Panzerglaskäfig steht der Angeklagte, doch sein Gesicht sieht man nicht. Ismet D.

Von Frank Jansen

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Berlin - Im Panzerglaskäfig steht der Angeklagte, doch sein Gesicht sieht man nicht. Ismet D. (42) hält sich eine aufgeschlagene Zeitung vor den Kopf, Fernsehleute und Fotografen sollen nicht mehr ablichten als bedrucktes Papier plus Bauch mit Beinen. Gegenüber im Saal, im zweiten Käfig, sitzt Emin F. (44), silbergrauer Vollbart, und regt sich kaum. Auf den Bänken für das Publikum finden sich bekannte Gesichter aus der Salafistenszene. Auffälligste Figur ist der einstige Linksterrorist Bernhardt Falk, heute ein Islamist mit weiß-schwarzem Rauschebart. So beginnt der Prozess gegen die Türken Ismet D. und Emin F. am Freitag in einem wilhelminischen Prunksaal des Kriminalgerichts Moabit mit der üblichen, leicht makaberen Szenerie bei solchen Verfahren mit Terrorverdacht.

Der Prozess ist der zweite des Kammergerichts innerhalb eines Jahres gegen Angeklagte, die mit der von Tschetschenen dominierten und in Syrien kämpfenden Terrortruppe „Junud al Sham“ (Soldaten Syriens) liiert gewesen sein sollen. Zufällig auf den Tag genau vor zwölf Monaten hatte im selben Saal der Staatsschutzsenat den Prozess gegen zwei Männer eröffnet, die sich mit „Junud al Sham“ abgegeben hatten. Auch einer der damaligen Verteidiger ist jetzt wieder dabei. Und Falk saß am 8. Januar 2015 ebenfalls auf einer Zuschauerbank. Viel Déjà-vu in Moabit.

Auch diesmal könnten die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft hohe Haftstrafen zur Folge haben. Staatsanwältin Verena Bauer trägt neun Fälle vor, in denen die Angeklagten „Junud al Sham“ unterstützt haben sollen. Ismet D. und Emin F. hätten im August 2013 für vier Russen tschetschenischer Herkunft die Reise von Berlin in den syrischen Bürgerkrieg organisiert, trägt Bauer vor. Die Angeklagten sollen die Tschetschenen bis in die Türkei begleitet haben. Laut Anklage haben D. und F. auch dafür gesorgt, dass die Terrortruppe ein Nachtsichtgerät und ein Geo-Entfernungsmessgerät erhielt. Das ist noch nicht alles: Von Juni 2013 bis November 2014 und in Abstimmung mit D. soll F. die Terroristen finanziell unterstützt haben. Die von der Bundesanwaltschaft genannten Beträge summieren sich auf 7550 Euro.

Bauer äußert sich auch zum islamistischen Milieu, in dem Ismet D. und Emin F. in Berlin aktiv gewesen sein sollen. Unter Führung von D. hätten sich Gleichgesinnte zu einer „Jamaat“ (Bruderschaft) zusammengefunden, die auch mit Gewalt ein islamisch geprägtes Herrschaftssystem errichten wollte. Später ist am Rande des Prozesses von einer Moschee im Wedding die Rede, in der D. aufgetreten sein soll, und von Sympathien der Angeklagten für die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Auf einem bei Emin F. sichergestellten Handy soll ein Video gespeichert sein, in dem die Steinigung einer Frau zu sehen ist.

Die Verhandlung dauert nur kurz. Zu erfahren ist noch, dass D. vor der Festnahme im Januar 2015 ein Unternehmen zum „Holz- und Bautenschutz“ betrieb und F. als Friseur tätig war. Für D. trägt Verteidiger Mark Höfler einen Befangenheitsantrag gegen den Strafsenat vor. Es geht um den Vorwurf, die fünf Richter hätten dem Angeklagten viel zu spät eine beglaubigte türkische Übersetzung der Anklage zukommen lassen. Über das Ablehnungsgesuch muss nun ein anderer Senat entscheiden. Der Vorsitzende Richter Josef Hoch unterbricht dann die Verhandlung bis zum nächsten Prozesstag kommende Woche. Frank Jansen

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