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Wo geht’s denn hier zum Hostel? Auch an der East Side Gallery sind viele Touristen unterwegs.

© Kitty Kleist-Heinrich

Brandenburg: „Man kann nicht mehr mit offenem Fenster schlafen“Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann klagt über den Lärm und Dreck, den Touristen in Friedrichshain-Kreuzberg verursachen. Sie fordert Benimmregeln für Touristen

Frau Herrmann, rund um die Warschauer Brücke in Friedrichshain gibt es eine ausufernde Party-Szene, die Lage in Kreuzberg ist ähnlich. Schon lange wenden sich Bürger gegen das exzessive Nachtleben in ihrem Bezirk.

Stand:

Frau Herrmann, rund um die Warschauer Brücke in Friedrichshain gibt es eine ausufernde Party-Szene, die Lage in Kreuzberg ist ähnlich. Schon lange wenden sich Bürger gegen das exzessive Nachtleben in ihrem Bezirk. Sind Sie auch besorgt über die Entwicklung?

Die Lage ist ernst, da haben Sie ganz recht. Wir haben eine kilometerlange Partymeile vom Maybachufer bis zur Frankfurter Allee. Da kann ich es den Anwohnern nicht verdenken, dass sie verärgert sind oder sogar wegziehen. Fast im ganzen Bezirk kann man nachts wegen des Lärms nicht mehr mit offenem Fenster schlafen. Ein Problem sind auch die vielen Hostels, von denen nachts die Besucher mit lauten Rollkoffern zum Flughafen aufbrechen oder betrunken vom Feiern kommen und in die Hauseingänge kotzen.

Wer ist schuld?

Alle machen ja die Werbung: Wir seien der coolste Ort von ganz Berlin, wo alles möglich und erlaubt ist. Dabei richte ich mich nicht nur an die jungen Leute, das Problem betrifft alle Generationen. Ich bin nicht gegen Tourismus. Was ich kritisiere, ist das Konzept, immer mehr, mehr, mehr zu wollen. Speziell in den Innenstadtbezirken müssen wir umschwenken, mit Ansätzen von sanftem, stadtverträglichem Tourismus. Ich habe den Eindruck, dass so mancher Besucher meint, er sei in einer Art Disneyland und wir Einheimischen so was wie Statisten.

Wie kann ein solches Umsteuern aussehen?

Die Tourismusgesellschaft „Visit Berlin“ arbeitet mit dem Regierenden Bürgermeister zusammen, weniger mit den Bezirksämtern. Aber auch „Visit Berlin“ bekommt mit, dass es in den Bezirksämtern zunehmend grummelt, denn auf Landesebene geht das meiste doch viel langsamer. Nun sind wir an einem Punkt, wo Berlin als Tourismusziel sehr beliebt ist. Auf quantitative Gedanken müssen nun qualitative Folgen. Nach den Sommerferien werden wir uns verstärkt in die Gespräche einbringen mit unseren Ideen.

Die da wären?

Auch bei uns muss es Regeln geben. Wir schlagen vor, einen Verhaltenskodex an die Besucher herauszugeben. Darin geht es dann um Müll, Lärm und den Respekt gegenüber den Anwohnern in der Stadt.

Und Sie glauben, dass so ein Kodex beim exzessiven Partytourismus etwas ändern kann?

Ach, wissen Sie, wir müssen erst einmal schauen, was geht und was nicht. In Amsterdam hat ein Verhaltenskodex für Touristen wirklich etwas gebracht, da haben sie Postkärtchen gegen das Wildpinkeln ausgeteilt. Viele Touristen machen sich einfach gar keine Gedanken, deshalb sollten wir sie sensibilisieren. Manche Lösungen könnten ja auch ganz einfach sein. Warum haben die lauten Ziehkoffer der Hostelbesucher zum Beispiel keine Gummirollen?

Profitiert der Bezirk denn nicht auch vom Partytourismus?

Profitieren können das ansässige Gewerbe und die Menschen, die dadurch Arbeitsplätze haben – das ist positiv. Das Bezirksamt selber profitiert nicht. Es bekommt weder die Gewerbe- noch die Bettensteuer. Man gilt vielleicht als cool, aber ansonsten zahlt man drauf, für die Sicherheit und Ordnung oder die Wiederherstellung der Grünanlagen zum Beispiel. Die Grünen sind für eine City Tax, mit der die Bettensteuer von Finanzsenator Nußbaum auf die hoch frequentierten Innenstadtbezirke umverteilt werden könnte, um deren Mehrkosten auszugleichen.

Die Fragen stellte Tassilo Hummel

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