POSITION: Man reagiert lieber als zu regieren
Es ist ein Hohn für die Initiatoren des Volksbegehrens.
Stand:
Der gestrige Namensbeitrag von Herrn Christoffers zum Ausgang des Volksbegehrens um ein erweitertes Nachtflugverbot gehört absolut in die Kategorie Alibi und steht somit symptomatisch für den Politikstil dieser Landesregierung. Erklärt uns doch der Minister, dass das Volksbegehren zwar ein toller Erfolg und Bürgerbeteiligung auch ein grundsätzliches Anliegen von ihm und seinen Genossen sei, die 106 000 Unterzeichner aber Pech haben, da sie für etwas unterschrieben haben, das sowieso nicht umgesetzt werden kann. Zumindest nicht im rot-roten Brandenburg.
Gut zehn Monate nachdem das Volksabstimmungsgesetz zugunsten von mehr Bürgerbeteiligung geändert wurde, erinnert das Verhalten von Rot-Rot zunehmend an Goethes Zauberlehrling. So hadern SPD und Linke kaum übersehbar mit dem Ergebnis des ersten erfolgreichen Volksbegehrens und rufen nun mit dem Bund die „hohen Mächte“ an, die einen mit bundeseinheitlichen Regelungen von den „Geistern“ erlösen sollen, die man gerufen hat.
Wenn die Landesregierung tatsächlich meint, die Anliegen des Volksbegehrens seien rechtlich in Brandenburg nicht umsetzbar, also unzulässig, dann hätte sie das Recht, nein: sogar die Pflicht gehabt, spätestens einen Monat nach Bekanntmachung des Volksbegehrens das Verfassungsgericht dazu anzurufen. So steht es im Paragraf 13, Absatz 3 des Volksabstimmungsgesetzes.
Im Vorfeld hätte geklärt werden müssen, ob all die Mühen der Initiatoren und der Wille, den der Bürger mit seiner Unterschrift bekundet, auch berechtigte Hoffnung auf Erfolg haben. Stattdessen hat sich die Landesregierung lieber entschieden, das Volksbegehren laufen zu lassen, vermutlich im Glauben, dass sich nicht genug Unterzeichner finden und sich das Problem von selbst erledigt.
Das ist jedoch nicht Bürgerbeteiligung, sondern Bürgerbeschäftigung und erinnert irgendwie an die Zeit, wo auch alle wählen durften, das Ergebnis aber vorher schon feststand.
Wenn man es so will, ist es dem Minister mit seinem persönlichen Beitrag zur Debatte wenigstens gelungen, ein weiteres Jahr rot-roter Politik abzurunden. Man reagiert lieber als zu agieren, man hofft, dass sich selbstgeschaffene Probleme von alleine erledigen und wenn das ausbleibt, verweist man auf den Bund, der dann gefälligst Verantwortung zu tragen habe.
Wie Hohn muss es nun den Initiatoren des Volksbegehrens vorkommen, dass Herr Christoffers als Mitglied der Landesregierung zum gemeinsamen Dialog aufruft, nur um zwei Zeilen später zu erklären, dass in der Sache eigentlich nichts zu machen ist.
Vielleicht erleben wir hier aber auch nur den verzweifelten Versuch eines in die Enge getriebenen Ministers, allen zu gefallen – der eigenen Basis, dem Bürger und der SPD, die aus ihrer Ablehnung eines erweiterten Nachtflugverbotes keinen Hehl macht. Herr Christoffers sollte dabei jedoch bedenken, was der Volksmund über denjenigen sagt, der versucht, Everybody’s Darling zu sein. Er läuft Gefahr, Everybody’s Depp zu werden. Von Mitgliedern der Landesregierung erwarten wir Brandenburger zu Recht mehr.
Der Autor ist Vorsitzender der CDU-Fraktion im brandenburgischen Landtag.
Dieter Dombrowski
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