POSITION: Mangelndes Interesse
Der Landesentwicklungsplan ist die völlige Aufgabe des Lenkungswillens der Politik Von Cornelia Behm
Stand:
Landesplanung im 21. Jahrhundert sollte effektiv, an Grundsätzen der Zusammenarbeit orientiert und umweltgerecht vorgehen. Die hiesigen Landesregierungen sind mit dem Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP B-B) weit hinter diesem Anspruch zurückgeblieben. Schlimmer noch, der neue Landesentwicklungsplan stellt die völlige Aufgabe eines politischen Gestaltungsanspruchs dar.
Bereits das Verfahren dokumentiert das mangelnde Interesse an einer wirklichen Kooperation. Denn der neue Landesentwicklungsplan wird in Kraft gesetzt, ohne dass die Landtage sich inhaltlich einbringen können. Das Vorgehen ist rechtlich zwar korrekt, politisch jedoch ein Armutszeugnis. Es gab im Vorfeld lediglich einiges Gerangel bei der Verteilung der Mittelzentren. Das Ergebnis dieser Zentrale-Orte-Diskussion ist völlig unausgewogen. Gegenüber dem Berliner Stadt-Umland-Raum wird der ländliche Raum erheblich benachteiligt. Er verliert durch die Aufgabe der Grundzentren ohnehin lebenswichtige Strukturen. Hier wird deutlich, dass man es in Brandenburg nicht wirklich ernst meint mit der ländlichen Entwicklung.
Meine grundsätzliche Kritik ist: Die vorgelegte Planung wagt keinen Neubeginn. Berlin und Brandenburg müssen sich auch künftig gegeneinander entwickeln und werden Siedlungsgebiete weiter konkurrierend ausweisen. Eine Gleichbehandlung der Brandenburger Gemeinden und der Berliner Bezirke in Entwicklungsfragen ist nicht vorgesehen. So wird die Idee von den Regionalparks, die grenzübergreifend in den Grünzügen zwischen den Siedlungsachsen so genannte „Stadt-Land-Brücken“ schaffen sollen, nicht mehr ernsthaft verfolgt.
Im Stadt-Umland-Raum wird jeglicher Freiraum, der nicht unter Naturschutz steht, künftig für eine Bebauung – zumindest für Gewerbeflächen – freigegeben. Das ist angesichts einer Vielzahl von leer stehenden Gewerbegebieten in Berlin und Brandenburg im höchsten Maße verantwortungslos. Wenn außerdem zukünftig Kleingartenanlagen und Wochenendsiedlungen in Stadt und Umland beliebig in Siedlungsflächen umgewandelt werden können, werden den Menschen wichtige wohnungsnahe Erholungsräume genommen.
Der Autoverkehr wird übermäßig bevorteilt. Im grundlegenden Straßennetz will man unter naturschutzrechtlicher und verkehrsplanerischer Sicht sehr kritisch zu bewertende Trassen landesplanerisch festlegen. Aber statt den Neubau von Straßen im ländlichen Raum zu fördern, müssten Schienenwege ausgebaut und gesichert werden. Der Plan geht jedoch von einem weiteren Rückbau der Schiene aus. Mit Ausnahme von bestimmten Projekten – wie zum Beispiel der Verkehrsanbindung des BBI - gibt es kein Konzept für den Stadt-Umland-Raum. Dabei weist der Regionalverkehr gerade an der Schnittstelle zwischen Berlin und Brandenburg große Defizite auf.
Auf die drängenden Fragen des Klimaschutzes und der Energiepolitik gibt die Planung keine bzw. sogar die falschen Antworten. Skandalös ist, dass der Braunkohleabbau trotz der negativen Klimaeffekte der Kohleverstromung und ohne Rücksicht auf die von Heimatverlust betroffenen Menschen ausgeweitet werden soll.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Akzente, die im neuen Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg gesetzt werden, meist mutlos oder falsch sind. Der Entwurf nimmt die veränderten gesellschaftlichen Herausforderungen nicht wahr. Die Planung steht unter der Überschrift des „Rückzugs des Staates“. Die wachsende Verantwortung des Staates angesichts gravierender Fehlentwicklungen im Finanzbereich wird nicht thematisiert. Stattdessen schützt der Plan Spekulationen auf nie erreichbare Renditen vor allem zu Lasten der Menschen in den ländlichen Regionen und auf Kosten der Umwelt.
Cornelia Behm ist Brandenburgs Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und lebt in Kleinmachnow
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: