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Brandenburg: Märkisch kneifen

Ministerpräsident Matthias Platzeck spricht über Berlin – und drückt sich um die Fusionsfrage

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Berlin - Ob die Gastgeber selbst mit soviel Sanftmut gerechnet hatten? Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) durfte auf Einladung der neuen „Stiftung Zukunft Berlin“ die Auftaktrede über die Hauptstadt halten – und hielt sie so gut wie frei von allen Spitzen gegen die Riesenstadt inmitten seines Landes. Für einen deutschen Ministerpräsidenten fast ein Kunststück.

Eine „Rede der Person“ war angekündigt und die wurde es auch: Dass er, wie die Landesverfassung ihm aufgebe, nur Brandenburg nach außen vertrete, sei ja wohl nicht Zweck der Einladung gewesen, sagte Platzeck. „Verständigen wir uns darauf, dass ich Ihnen meine Gedanken als Freund und Nachbar Berlins vortrage, als politischer Zeitgenosse und gewiss auch als Amtsträger, der sich aus großer – auch emotionaler – Verbundenheit Gedanken macht um die Rolle der deutschen Hauptstadt und europäischen Metropole.“

Vielleicht gab ihm ja diese Mischung von Funktionen ein, sich aus der Gretchenfrage „Wie hältst du“s mit der Fusion“ einmal wieder säuberlich herauszuhalten. Zum Thema, wann denn und ob überhaupt Berlin und Brandenburg dereinst eins sein sollten, war vom Ministerpräsidenten des Nachbarlandes nur ein knapper Satz zu hören: „Meine Meinung kennen Sie ja.“ Wolfgang Wieland, Berliner Bundestagsabgeordneter und einst grüner Spitzenmann in Brandenburg, fühlte sich da an den Satz von Innenminister Jörg Schönbohm erinnert, als der 2002 im Bundesrat gefragt wurde, wie denn das Land Brandenburg nun abstimme über das rot-grüne Zuwanderungsgesetz. Damals fiel derselbe Satz – und Bundesratspräsident Wowereit erkannte auf „Ja“. „So scheint Kneifen auf brandenburgisch zu gehen“, knurrt Wieland.

Bei einem anderen ebenso alten wie heiklen Thema wurde Platzeck desto konkreter: in der Umzugsfrage Bonn-Berlin: „Dass Bundesministerien selbst heute noch zu beträchtlichen Teilen in Bonn residieren, halte ich für einen Zustand, der unbedingt beendet werden sollte.“ Für diesen Satz spendete das Publikum Platzeck den einzigen Szenenapplaus. Sonst waren die Zuhörer von Platzecks Freundlichkeiten – Berlin als eine der faszinierendsten, attraktivsten, internationalsten Städte überhaupt – eher ein bisschen überrascht: „Das alles hätte auch der Regierende Bürgermeister sagen können.“

Berliner Abgeordnete kennen die Landesvertreter und auch die Bundestagskollegen aus den Ländern oft ganz anders: „Da schlägt uns gelegentlich geballte Ablehnung entgegen“, sagt eine. Wer Berlin höre, denke halt sofort ans Geld.

So könnte es mit der Harmonie bei den Veranstaltungen der „Stiftung Zukunft Berlin“ auch recht bald zu Ende sein. Nach Platzecks Auftaktrede sind nämlich die anderen, etwas weiter entfernt amtierenden Landesväter dran. Als nächstes wird Thüringens Dieter Althaus (CDU) sprechen.

Die „Stiftung Zukunft Berlin“ will bürgerschaftliches Engagement für die Hauptstadt fördern und bündeln. Gründer sind unter anderem die Journalisten Klaus Bresser und Jürgen Engert, der frühere Senator Volker Hassemer und Tagesspiegel-Herausgeber Hermann Rudolph. Finanziert wird sie vom Wuppertaler Unternehmer und Kunstsammler Dieter Rosenkranz.

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