Brandenburg: „Markov hat Datenschutzrecht ohne Anlass verletzt“ Datenschutzbeauftragte Hartge: Alle Erkenntnisse aus Finanzämter-Prüfung müssen gelöscht werden
Potsdam - Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge hat die von Landesfinanzminister Helmuth Markov (Linke) angeordnete flächendeckende Kontrolle aller Finanzamtsbediensteten des Landes auf Verstöße gegen das Steuergeheimnis erneut für unverhätnismäßig erklärt und fordert jetzt die Löschung aller bislang erlangten Untersuchungsergebnisse. Zudem wirft Hartge dem Finanzministerium vor, falsche Angaben zum Hintergrund der Kontrollen in den landesweit 15 Finanzämtern gemacht zu haben.
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Potsdam - Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge hat die von Landesfinanzminister Helmuth Markov (Linke) angeordnete flächendeckende Kontrolle aller Finanzamtsbediensteten des Landes auf Verstöße gegen das Steuergeheimnis erneut für unverhätnismäßig erklärt und fordert jetzt die Löschung aller bislang erlangten Untersuchungsergebnisse. Zudem wirft Hartge dem Finanzministerium vor, falsche Angaben zum Hintergrund der Kontrollen in den landesweit 15 Finanzämtern gemacht zu haben. Anlass seien weniger festgestellte Verstöße bei einer Stichprobe im Finanzamt Strausberg im Jahr 2011 gewesen, sondern, wie das Ministeriums selbst einräume, noch frühere Untersuchungsergbenisse aus Berlin. „Markov hat also ohne Anlass das Datenschutzrecht seiner Mitarbeiter verletzt“, kritisierte die Landesdatenschutzbeauftragte am Montag in Potsdam.
Laut Hartge war die Überprüfung der Strausberger Behörde damit nicht nur bereits Teil einer zuvor beschlossenen Vollkontrolle, sondern es wurden zudem auch noch deutlich weniger Verstöße festgestellt als zunächst bekannt gegeben. Ursprünglich hatte das Finanzministerium die angeblich erst seit 2012 laufenden Kontrollen von insgesamt 3000 der 3400 Bediensteten mit mehreren illegalen Zugriffen auf Steuerdaten im Finanzamt Strausberg begründet. Zwischenzeitlich war sogar von festgestellten Verstößen bei bis zu 46 Prozent aller in Strausberg beschäftigten Finanzbeamten die Rede. Allerdings sei dies das Ergebnis eines Grobrasters gewesen, so die Datenschutzbeauftragte, das man zu Beginn der Überprüfung über alle der im Untersuchungszeitraum von 2010 bis 2011 getätigten 727 882 Abrufe von Steuerdaten in Strausberg gelegt habe und dessen Detailauswertung man nicht abgewartet habe. Überhaupt hätten sich nur bei 1752 Abrufen, also bei gerade einmal 0,24 Prozent, Auffälligkeiten gezeigt. Am Ende, nachdem die Finanzverwaltung viele vermeintliche Verstöße herausgesiebt hatte, die sich bei näherer Betrachtung als Fehlmeldungen durch das Grobraster entspuppt hatten, seien lediglich in vier Fällen tatsächliche Verstöße übrig geblieben. „Es gab es eine Abmahnung und drei Disziplinarverfahren mit Verweis und Geldbuße“, berichtet Hartge am Montag und erklärte weiter: „Das Ministerium der Finanzen hat in keinem der geprüften Fälle das Steuergeheimnis als verletzt angesehen. Keiner der Überprüfungsfälle wurde der Landesbeauftragten für den Datenschutz als zuständige Behörde für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder an die Staatsanwaltschaft übergeben.“
Hartge wirft Markov zudem vor, ohne „tragfähiges Konzept“ zu agieren. Die Steuerdatenabrufverordnung sehe lediglich angemessene Stichproben vor, keinesfalls Vollkontrollen. „Es macht mich betroffen, dass ein ganzer Berufsstand diskreditiert wird.“ Durch die ungefilterte Verbreitung vermeintlicher Verstöße aus Strausberg sei der Eindruck vermittelt worden, „dort hätten Mitarbeiter permanent in Nachbars Garten gespitzelt“. Es wäre sinnvoll gewesen, wenn das Finanzministerium sie vor der geplanten Vollkontrolle konsultiert hätte. Dies sei aber nicht passiert. Vielmehr sei sie erst durch eine Eingabe eines verunsicherten Finanzamtsmitarbeiters im vergangenen August über die Vorgänge informiert worden.
Wie berichtet hatte Markov im jüngsten Finanzausschuss des Landtages berichtet, dass bislang je nach Finanzamt zwischen 20 und 50 Prozent aller Bediensteten wenigstens einmal einen unberechtigten Datenzugriff getätigt haben. Allerdings sei es bereits unzulässig, seine eigenen Daten abzufragen, erläuterte Hartge. Dabei sei es nicht unüblich, dass Mitarbeiter nach einem Systemzusammenbruch die Funktionstüchtigkeit der Programme mit einem Eigencheck testen würden. Auch könne es nun einmal vorkommen, dass sich Mitarbeiter vertippen würden, gab die Datenschützerin zu bedenken.
In einer förmlichen Beanstandung will Hartge nun Markov auffordern, die bislang erlangten Erkenntnisse zu löschen, bindend sei dies für das Ministeriums allerdings nicht. Entsprechend unbeindruckt zeigt man sich. „Die Position des Hauses ist unverändert“, sagte Ministeriumssprecher Thomas Vieweg am Freitag.
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