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Brandenburg: Mehr Freizügigkeit für Asylbewerber

Die Länder Berlin und Brandenburg streben eine Lockerung der Residenzpflicht an / Gutachter: keine grundsätzlichen Probleme

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Berlin - Asylbewerber in Berlin und Brandenburg können sich möglicherweise bald freier bewegen. Nachdem beide Länder im März ihre Pläne für eine Aufhebung der sogenannten Residenzpflicht in der Region aus juristischen Gründen zunächst aufgegeben hatten, zeigt ein neues Rechtsgutachten doch noch einen Weg zu mehr Freizügigkeit von Flüchtlingen auf. Nach Angaben der Berliner Innenverwaltung werden derzeit die Details geklärt.

Die Residenzpflicht schreibt vor, dass Flüchtlinge ohne Erlaubnis der Ausländerbehörden ihren Aufenthaltsort nicht verlassen dürfen. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit, im Wiederholungsfall als Straftat geahndet. Wer zum Beispiel mit einer Genehmigung von Strausberg nach Potsdam will, darf Berlin nicht passieren, sondern muss die Stadt umfahren. Tut er es nicht, kann er bestraft werden. Im schlimmsten Fall droht die Abschiebung. In Berlin können sich die knapp 5000 Flüchtlinge im gesamten Stadtgebiet frei bewegen, in Brandenburg sind die mehr als 1000 Betroffenen auf ihren jeweiligen Landkreis beschränkt.

Die Expertise, die der Nachrichtenagentur ddp vorliegt, wurde von der Berliner Linksfraktion beim Wissenschaftlichen Parlamentsdienst (WPD) des Abgeordnetenhauses in Auftrag gegeben. Die Juristen halten es demnach für möglich, das Antragsverfahren zu vereinfachen. Es spreche „grundsätzlich nichts dagegen, im Fall der gebundenen Entscheidung das mehrmalige vorübergehende Verlassen des Geltungsbereichs der Aufenthaltsgestattung für einen bestimmten Zeitraum zu erlauben, ...“, heißt es wörtlich.

Die Betroffenen müssen also zwar weiterhin die Genehmigung der Behörde einholen, wenn sie ihren Aufenthaltsort verlassen wollen. Es ist aber möglich, dies mit nur einem Antrag mehrmals zu gestatten, während derzeit in jedem Einzelfall eine Erlaubnis nötig ist. Die Neuregelung käme nicht nur den Interessen der Asylbewerber entgegen, die sich aufwendige Wege zu den Ämtern sparen könnten, sondern würde auch den Verwaltungsaufwand erheblich reduzieren, wie es im Gutachten heißt.

Die Linke halte die Residenzpflicht für eine „diskriminierende Regelung, die massiv in die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden und Geduldeten eingreift“, sagte der Berliner Flüchtlingsexperte Giyasettin Sayan. Seine Fraktion erwarte daher, dass die Innenverwaltung die „rechtlichen Spielräume“ gemeinsam mit Brandenburg „so weit wie möglich ausschöpft“. Die Sprecherin für Asylpolitik der Brandenburger Linksfraktion, Bettina Fortunato, kritisierte es als „unmenschlich“, wenn vor Verfolgung Geflüchtete in Deutschland in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Beiden Politikern geht der Schritt aber nicht weit genug.

Eigentlich strebt die Linke die generelle Abschaffung der Residenzpflicht in Deutschland an, die jedoch laut Gutachten am Bundesrecht scheitert. Das gleiche würde für solche Regelungen gelten, die sich nur auf die beiden Länder beschränken. Eine Änderung wäre nur über eine Bundesratsinitiative möglich, für die sich jedoch keine Mehrheit abzeichnet. Allerdings wollen Berlin und Brandenburg bei der Innenministerkonferenz nächste Woche in Hamburg über eine weitergehende Novellierung des Bundesrechts reden.

Berlin und Brandenburg befinden sich derzeit in der „Feinabstimmung“ für eine Regelung zwischen beiden Ländern, wie die Sprecherin von Innensenator Ehrhart Körting (SPD), Kristina Tschenett, sagte. Noch offen sei dabei, ob neben Asylbewerbern auch Menschen mit Duldungsstatus davon profitieren könnten. Dabei handelt es sich um Personen, deren Asylverfahren abgeschlossen ist, die aber zum Beispiel wegen eines Bürgerkriegs in ihrem Herkunftsland nicht abgeschoben werden können. Christina Schultze

Christina Schultze

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