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Zu eng. Rund 200 Kilogramm schwer und fast zwei Meter lang ist der fast zwei Jahre alte Brandenburger Findeltiger Diego inzwischen. Möglichst schnell soll die mittlerweile fast ausgewachsene Raubkatze in ein größeres Gehege umziehen.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Mehr Platz für Diego

Als er noch ein knuddeliges Baby war, hat der Findeltiger aus dem Barnim die Menschen entzückt. Nun ist die Raubkatze fast erwachsen – und braucht dringend ein größeres Zuhause

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Tempelfelde - Diego lässt sich die Frühlingssonne auf den mächtigen Körper scheinen und genießt die Wärme mit geschlossenen Augen. Rund 200 Kilogramm schwer und fast zwei Meter lang ist der fast zwei Jahre alte Brandenburger Findeltiger inzwischen. Aus dem niedlichen, wenige Wochen alten Fellbündel, das im Herbst 2015 vor einer Tierarztpraxis in Bernau (Barnim) ausgesetzt worden war und dessen Schicksal die Menschen berührte, ist eine eindrucksvolle Raubkatze geworden.

Wer den mächtigen Tiger im Wildkatzenzentrum „Felidae“ in Tempelfelde (Barnim) beobachtet, merkt schnell, dass sein etwa 300 Quadratmeter großes Gehege viel zu klein ist. Zumal Diego darin nicht allein lebt. Tierarzt Renato Rafael hat ihm schon in Kindertagen das weiße Tigermädchen Heike als Spielgefährtin aus Belgien geholt, damit er artgerecht aufwächst. Tierärztin Doris Tesch und Rafael hatten den Findeltiger mit der Flasche aufgezogen. „Diego wuchs schnell, wollte sich und seine Kräfte ausprobieren. Wir Menschen waren dem nicht mehr gewachsen“, blickt Rafael zurück.

Die Entscheidung, ihn mit Heike aufwachsen zu lassen, sei „goldrichtig“ gewesen. „Die verstehen sich prächtig. Diego hat gelernt, dass er ein Tiger ist und kein halber Mensch.“ Doch um miteinander toben und klettern zu können, brauchen die Raubkatzen ein größeres Gehege.

Das etwa 1200 Quadratmeter große neue Zuhause sollte eigentlich schon im vergangenen Jahr gebaut werden. Das Land Brandenburg, dem der vermutlich aus einem Wanderzirkus stammende Findeltiger rechtlich gesehen gehört, hatte aus Lottomitteln dafür 250 000 Euro bereitgestellt. Rafael kaufte zu seinem 6000 Quadratmeter großen Wildkatzenzentrum am Rande von Tempelfelde noch zwei Hektar Acker dazu. Doch rechtliche Vorschriften verhinderten einen schnellen Baustart.

„Das Land macht es sich leicht, gibt das Geld und denkt, alles regelt sich von allein“, sagt Oliver Köhler, Sprecher des Landkreises Barnim. Passiere allerdings etwas mit oder durch die Raubkatze, falle das auf die Kreisverwaltung zurück. Und so musste Rafael zunächst die Änderung des Tempelfelder Flächennutzungsplanes beantragen und seinen Bauantrag überarbeiten. Ende April werden die Gemeindevertreter darüber befinden. „Ich bin optimistisch, dass sie zustimmen werden und Rafael dann die entsprechenden Aufträge für das Tigergehege endlich auslösen kann“, sagt André Nedlin, Verwaltungschef des zuständigen Amtes Biesenthal-Barnim.

Dann wird es aber auch höchste Zeit. Rafael hofft, im Juni mit den Arbeiten für das neue Gehege beginnen zu können. „Die Lottomittel des Landes sind nur bis Ende September abrufbar.“ Und auch Diego und Heike werden ungeduldig, wie der Tierarzt beschreibt. Den beiden jungen Raubkatzen – jede verputzt täglich sechs bis acht Kilogramm Fleisch – ist noch heute anzumerken, dass sie von Menschen mit der Flasche aufgezogen wurden. Sobald Rafael sich dem Gehege nähert, kommen beide heran, geben gurrende Laute zur Begrüßung von sich und schmiegen sich schmusend an die Gitterstäbe. „Dickie“ nennt der Ziehvater seinen Schützling dann zärtlich.

In solchen Momenten vergisst der Tierarzt, der gemeinsam mit seiner Frau eine Praxis in Zepernick betreibt, den mühevollen Weg zur Rettung von Diego. Spenden gehen für die Raubkatze schon längst nicht mehr ein. Rafael hatte sich dem Land gegenüber bereiterklärt, den von Zoos oder Tierparks nicht gewollten Findeltiger aufzunehmen, wenn Finanzierung und das Prozedere geklärt sind.

Mit seinem bundesweit einmaligen Zentrum „Felidae“ hatte er schon vor Diego genug zu tun. Seit 1998 hat er dort Gehege für 40 Raub-, Schleich- und Marder-Katzen von 16 verschiedenen und teils sehr seltenen Arten aufgebaut. Tiger gehörten eigentlich nicht zu der Einrichtung, die sich aus Spenden finanziert und erst seit wenigen Jahren Besucher empfängt.

Zwischenzeitlich war Rafael erneut ein Mini-Findeltiger angeboten worden. Er soll aus dem gleichen Wanderzirkus wie Diego stammen und war vor einiger Zeit in Mecklenburg-Vorpommern ausgesetzt worden. Der Chef des Wildkatzenzentrums hat aber dankend abgelehnt.

Jeanette Bederke

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