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Das Mutterschiff. Die Hertha schippert über die Kyritzer Seenkette.

© Imago

Brandenburg: Meuterei auf der Hertha

Das Gründungsschiff, das in Brandenburg herumschippert, soll verkauft werden. Oder doch nicht?

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Wusterhausen - Irgendwo hier muss der alte Kahn liegen. Am Laternenmast pappt ein Aufkleber der Hertha-Ultras, da endlich ist der Anleger im Schilf zu erkennen: Das Geländer ist blau und weiß lackiert, wie die Vereinsfarben von Hertha BSC. Nur: Wo ist das Schiff?

„Die Hertha liegt da drüben“, sagt ein Fußgänger, ziemlich gelangweilt übrigens, und deutet einmal quer über den Klempowsee, „andere Uferseite“.

Also gut: Wieder zurück zur B 5, kurz vor Wusterhausen im Norden Brandenburgs scharf rechts gehalten, über die Ackerpiste geholpert bis zum Ufer. Und dann ist der olle Kahn wirklich zu sehen. Vertäut liegt er in einem Schuppen, durchs Fenster ist der Schriftzug am Rumpf gut zu lesen: „Hertha – Gründungsschiff von Hertha BSC“.

Und um diesen Dampfer auf der Kyritzer Seenkette gibt es einige Irritationen. Denn aus dem Norden Brandenburgs war dieser Tage Ungeheuerliches zu hören: Die Hertha wird von Rüpeln ramponiert. Sie ist nicht ausgelastet. Und außerdem: Hertha soll verkauft werden.

„Um Gottes Willen!“, ruft Steffen Hahlweg ins Handy. „Das ist ja in Berlin völlig falsch angekommen, das ist alles ein Missverständnis“ Hahlweg ist Geschäftsführer der FGS Fahrgastschifffahrt Wusterhausen GmbH, der das Schiff seit zwei Jahren gehört. Die Hertha ist schlecht ausgelastet, das stimme, sagt er, „aber wir verkaufen die nicht, im Gegenteil, wir wollen sie behalten“.

Die Geschichte der drohenden Verschacherung von Vereinsheiligtum machte da in der Fanszene längst die Runde. Der Klub hat 30 000 Mitglieder, er verdankt dem Schiff seinen Namen und auch die Vereinsfarben. An diesem Schiff hängt Geschichte, seit 1892 schon (Dass der Kahn zu DDR-Zeiten auch mal „Seid bereit“ hieß, ist eine andere Geschichte). Jedenfalls hegen viele Fans den Wunsch, dass die Hertha eines Tages zurück auf die Havel und die Spree geholt wird. Nur: Das Schiff kostet eine Stange Geld. Die alten Besitzer wollten mehr als 200 000 Euro.

Nun hat ja der Verein einen Investor gefunden, von dem ein paar Millionen überwiesen wurden. „Allerdings ganz sicher nicht, um damit ein altes Schiff zu kaufen“, sagt Herthas Aufsichtsratschef Bernd Schiphorst dieser Zeitung. Ja, man habe Interesse an dem Schiff, ein Vereinsmusem sei schließlich im Aufbau. Der Klub habe aber zuletzt vor über einem Jahr was vom Besitzer gehört.

Steffen Hahlweg, dem Chef der Reederei, ist die Bedeutung des rostigen Kahns nun auch klar. Die Hertha sei nun mal sehr groß mit ihren 140 Plätzen. „Vielleicht setzen wir sie auf einem größeren See ein, vielleicht auch näher an Berlin.“

André Görke

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