Brandenburg: „Migration ist auch Chance“
Berlins Schulsenator Zöllner sieht aber keinen finanziellen Spielraum für weitere Sozialarbeiter
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Berlin - Ungeachtet der aktuellen Probleme mit gewaltbereiten türkischen und arabischen Jugendlichen und ungeachtet der hohen Schulabbrecherquote unter Migranten begreift Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) Migration als Chance. „Ich kann viel konsequenter die bestehenden Probleme angehen, wenn ich klarmache, dass es auch Chancen gibt“, sagte er gestern dieser Zeitung. Allerdings sieht er keinen finanziellen Spielraum dafür, die Migrantenförderung gezielt auszuweiten, indem beispielsweise mehr Sozialarbeiter für die Schulen eingestellt werden. Zöllner hatte in der vergangenen Woche sein Programm als Präsident der Kultusministerkonferenz formuliert, als einen der wichtigsten Punkte nannte er „Migration als Chance“. Das bedeute nicht, dass er Probleme herunterspielen wolle, betonte er gestern: „Ich bestreite nicht, dass es Gewalttätigkeit gibt, aber ich muss trotzdem all die fördern, die offen für Integration sind. Die übergroße Mehrheit der Migranten ist friedlich.“
Wie berichtet, ist die Kriminalitätsrate Jugendlicher türkischer Abstammung wesentlich höher als bei Deutschen, und bei Libanesen wiederum viel höher als bei Türken. Dies schlägt sich auch im Schulalltag nieder: Schulen mit einem hohen Anteil arabisch-libanesischer Schüler berichten häufiger über Disziplinprobleme und über mangelnden Respekt gegenüber weiblichen Lehrkräften. Auch im Mittelpunkt des Rütli-Brandbriefes stand die Feststellung, dass „der Anteil der Schüler mit arabischem Migrationshintergrund inzwischen am höchsten ist“. Weiter hieß es über die Schülerschaft, dass „der Intensivtäter zum Vorbild wird“.
Allgemein herrscht inzwischen die Einsicht, dass Lehrer an derartigen Schulen zur Unterstützung Sozialarbeiter brauchen. An den Hauptschulen sind sie inzwischen im Einsatz. Die Mehrzahl der Lehrer muss aber immer noch allein zurechtkommen mit den speziellen Problemen, die über 3000 libanesische und weitere zehntausende Migrantenkinder in die Schulen tragen. Und dabei wird es wohl bleiben. Auf die Frage, ob die Schulen nicht mehr Sozialarbeiter brauchen, sagte Zöllner: „Die Sozialarbeit ist bereits deutlich verstärkt worden. Man kann natürlich immer sagen, dass es zu wenige sind. Andererseits muss man klar sehen, dass es ein Finanzierungsproblem gibt.“ Die Schule könne „nicht alle Probleme in der Gesellschaft allein bewältigen“.
Zöllner setzt jetzt darauf, dass besseres Qualitätsmanagement dazu führt, die Sprachförderung zu verbessern und den Unterrichtsausfall einzudämmen. Eltern und Lehrer sind allerdings angesichts der ihres Erachtens knappen Personaldecke skeptisch, dass das klappen kann. So wurde gestern bekannt, dass das Moabiter Heinrich-von Kleist-Gymnasium drei Lehrer an andere Schulen abgeben muss, da es rein rechnerisch mehr Pädagogen hat als ihm zustehen. Die Konsequenz: Klassen müssen zusammengelegt werden, darunter auch drei siebte Klassen. Somit entstehen zwei Klassen mit jeweils 36 Kindern, von denen ein Großteil einen Migrationshintergrund und erhebliche Deutschdefizite hat. Wie die Kinder unter diesen Bedingungen erfolgreiche Schulabschlüsse schaffen und die Abiturquote unter den Migranten anheben sollen, sei ihnen schleierhaft, sagten gestern Mütter. Sie wollen am Donnerstag der Schulaufsicht Protestbriefe übergeben.
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