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Ruinöses Erbe. Der jahrelange Leerstand der einst von der russischen Armee genutzten Krampnitzer Kasernen hat Spuren hinterlassen. Gedreht wurde hier der Stalingrad-Film Enemy at the Gates. Jetzt sorgt der Millionendeal um das Grundstück für Ärger.

© Andreas Klaer

Von Thorsten Metzner: Millionen auf dem Papier

Brandenburg ist noch Eigentümer der Krampnitz-Kaserne – weil Gesamt-Kaufsumme noch nicht floss

Stand:

Potsdam - Mit diesem Paukenschlag in der Grundstücks-Affäre, wegen der Brandenburgs Innenminister und frühere Finanzminister Rainer Speer (SPD) in Bedrängnis ist, hat wohl niemand gerechnet: Drei Jahre nach dem in seiner Verantwortung abgewickelten Verkauf der Kasernen in Potsdam-Krampnitz ist das Land Brandenburg immer noch Eigentümer der 112-Hektar-Immobilie. Das bestätigte das brandenburgische Finanzministerium am Mittwoch. Es nahm nach einwöchiger Prüfung erstmals ausführlich Stellung zu dem umstrittenen Immobilien-Deal und zur Privatisierung der brandenburgischen Bodengesellschaft BBG und beantwortete dabei auch einen umfangreichen PNN-Fragenkatalog.

Das vom Linken Helmuth Markov geführte Finanzministerium sieht danach zwar „keine Sonderkonditionen“ beim Verkauf der Krampnitz-Immobilie und auch „keine Nachteile“ für das Land im Zusammenhang mit der Privatisierung der für die Verwertung von Militärliegenschaften zuständigen BBG an die Firma TVF Treuwert, deren Geschäftsführer Frank Marczinek im Vorstand des von Speer als Präsidenten geführten Fußballvereins Babelsberg 03 sitzt. Trotzdem bleiben Widersprüche und offene Fragen, die heute auf einer Sondersitzung des Haushaltskontrollausschusses des Parlaments für Zündstoff sorgen werden. CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski forderte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auf, den Eindruck auszuräumen, dass Regierungsentscheidungen im Land käuflich seien.  

Seit einer Enthüllung des Magazins „Stern“ steht der Verdacht im Raum, dass die Krampnitz-Kaserne, vorbereitet von der privaten BBG, verantwortet von Speer, abgesegnet vom Haushaltsausschuss des Landtages mit SPD/CDU-Mehrheit, im Juli 2007 zu einem Schnäppchenpreis verscherbelt wurde. Und, dass man auch bei den Konditionen zu großzügig war. Speer bestreitet das. Den Zuschlag an die dänische Thylander-Gruppe hat er mit deren Bonität und Seriosität begründet, sie habe den für die Immobilie nötigen langen Atem mitgebracht. Um so überraschender ist es, dass der Besitzwechsel noch nicht einmal vollzogen ist. 

Nach PNN-Informationen liegt es daran, dass der Käufer, laut Verträgen eine TG Potsdam auf, laut Speer eine Thylander-Tochter, den Gesamtkaufpreis von 4,1 Millionen Euro bis heute nicht gezahlt hat. Überwiesen wurde dem Vernehmen nach bislang die übliche Anzahlung, ein Drittel der Summe. In den Verträgen ist vermerkt, dass die Restzahlung „vier Wochen nach Veröffentlichung des von der Stadt Potsdam zu beschließenden, den Planungsabsichten des Käufers entsprechenden Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren“ fällig ist.

Nach PNN-Informationen ist auch diese Stufe lange erreicht, so dass die Millionen längst in der Landeskasse sein müssten. Der Beschluss der Potsdamer Stadtverordnetenversammmlung erfolgte nämlich bereits im März 2008, Potsdam hat mit der TG Group inzwischen eine städtebauliche Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Es gibt weitere Ungereimtheiten. Keine plausible Erklärung hat das Finanzministerium, warum die Thylander-Gruppe im Bieterverfahren 5,1 Millionen Euro bot, dann den Zuschlag erhielt, aber nur 4,1 Millionen flossen. Dabei hatte es ein konkurrierendes Gebot über 4,5 Millionen Euro gegeben. Das Landes-Gutachten hatte einen Verkehrswert von 3,9 Millionen Euro ermittelt. Das Gutachten im Auftrag von Thylander, das damals einen Wert von 25 Millionen ermittelte, hält das Finanzministerium für nicht seriös. Alle wesentlichen Punkte wie Erschließungs- und Abbruchkosten seien „ausgeklammert bzw. falsch ausgewiesen worden“, heißt es dazu. Grundsätzlich sei Grundlage der „Musterkaufvertrag“ für die Veräußerung von Militärflächen gewesen. Dies trifft zwar grundsätzlich zu. In vielen Passagen sind Musterkaufvertrag und Krampnitz-Kaufvertrag deckungsgleich. Trotzdem bleibt weiter unklar, warum in den Details das Land dem Investor eine lange Investitionszeit bis 2023 gewährte und die Investitionsverpflichtung mit 5 Millionen gering ansetzte. Am Mittwoch verteidigte dies BBG-Geschäftsführer Frank Marczinek. „Die Immobilie lag über 15 Jahre brach. Endlich wurde jemand gefunden“, sagte Marczinek den PNN. Einige Konditionen seien dem krisengeschüttelten Immobilienmarkt angepasst worden. „Wir haben im Interesse des Landes gehandelt.“ Marczinek, selbst CDU-Mitglied, bestätigte auch eine Spende von 9900 Euro, die die von ihm geführte TVF Thyssen (die spätere TFV Altwert) im Jahr 2004 – zu dem Zeitpunkt gab es offiziell noch keine Privatisierungspläne für die BBG – dem SPD–Landesverband gespendet hatte. Marczineks TVF war damit der viertgrößte Firmenspender des SPD-Landesverbandes, der von juristischen Personen im Jahr 2004 nur ganze 74 235 Euro erhalten hatte. Dieser und der meisten anderen größeren Firmenspenden an die SPD ging im Herbst 2004 ein exklusives Spendenessen mit zehn Unternehmern im Potsdamer Restaurant „Speckers“ voraus, an dem auch Speer als damaliger Chef der Staatskanzlei, Regierungschef Platzeck und auch der damalige Chef des Bundeskanzleramtes Frank-Walter Steinmeier teilnahmen. Es sei die Zeit des aufgeheizten Hartz-IV-Wahlkampfes gewesen, so Marczinek. „Wir haben Platzeck unterstützen wollen.“ Im Übrigen habe er in Brandenburg „auch CDU-Wahlkämpfe unterstützt, für regionale Landtags- und Bundestagskandidaten“.

Von Thorsten Metzner

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