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Krampnitz-Affäre: Minister Speer: "Ich war blauäugig"

Die Finanzbehörde fiel offenbar auf Spekulanten herein. Der Käufer betreibt mit SPD-Abgeordneten eine Kanzlei.

Potsdam - In der Finanzaffäre um den Verkauf der Kasernen in Potsdam-Krampnitz steht die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte Regierung blamiert da. Die vom Tagesspiegel veröffentlichte Erklärung des dänischen Thylander-Konzerns, die 112-Hektar-Immobilie – entgegen den damaligen Informationen von Finanzminister Rainer Speer (SPD) gegenüber dem Parlament – nicht gekauft zu haben, löste am Donnerstag im Landtag Kopfschütteln und Entsetzen aus, bis hinein in die rot-roten Reihen. Tatsächlicher Käufer war ein dubioses Firmengeflecht um den Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx, dessen „TG Potsdam“ sich beim offenbar sogar unterschriftslosen Angebot als Thylander-Firma ausgab, was niemand nachprüfte. Nun wird regierungsintern eine Betrugs-Strafanzeige geprüft. Die Staatsanwaltschaft Potsdam, die ein Büro im Finanzministerium eingerichtet hat, nimmt derzeit ohnehin alle Akten unter die Lupe.

Platzeck, der noch am Montag einen Schaden für das Land durch die Verkäufe der Krampnitzer Kasernen und der brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) verneint hatte, wollte die Wendung nicht kommentieren. Dafür sieht sich die Opposition aus CDU, FDP und Grünen in der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bestätigt. „Die Regierung hat sich übertölpeln lassen und steht als Tölpel da“, erklärte Grünen-Chef Axel Vogel. Er bezog dies auf Speer, weil der sich offenbar allein auf ein Gespräch mit Firmenchef Lars Thylander im Vorfeld verlassen hatte. „Ich war zu blauäugig“, sagte Speer gestern. Den Vorwurf einer Täuschung des Landtages wies Speer strikt zurück. „Ich habe das Parlament nie wissentlich falsch informiert.“ Mit Böx habe er „nie gesprochen.“ Die Thylander-Gruppe hatte nach eigenen Aussagen tatsächlich zunächst Interesse an der Immobilie bekundet, sich dann aber „entschieden, das Grundstück nicht zu kaufen.“ Unklar ist, wann sich Thylander zurückzog. Auf einem Gutachten vom 6. August 2007, das den Wert der drei Wochen vorher für 4,1 Millionen Euro vom Land verkauften Immobilie auf 25 Millionen Euro bezifferte, firmierte Thylander als Auftraggeber.

Erschüttert reagierte der brandenburgische SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, der mit Böx eine im Namen gemeinsame Kanzlei betreibt. „Ich habe von alldem nichts gewusst und mit Krampnitz nichts zu tun. Null“. Es handle sich „um zwei getrennte, selbstständige Praxen, die nur einen gemeinsamen Briefkopf haben.“ Danckert hat Böx aufgefordert, „die Sachverhalte zu erläutern.“ Böx war auch gestern, wie seit Tagen, nicht erreichbar. In Hannover ist von Pfändungsverfahren die Rede.

Die Krampnitzer Flächen sind inzwischen ohne Wissen des Finanzministeriums weiterveräußert worden. Der neue Eigentümer will in Kürze mit Bauarbeiten beginnen. Die Berliner Firma Desakon ist für die Vermarktung zuständig. Unklar ist, ob Brandenburg wie in den Verträgen eigentlich vorgesehen, bis zur Hälfte der Spekulationsgewinne erhält, wenn statt der Grundstücke womöglich die TG-Firmen weiterverkauft worden sind. Die Opposition fordert eine Rückabwicklung der Kaufverträge, da die Geschäftsgrundlage weggefallen ist. Finanzminister Helmuth Markov sah dafür bislang keine Möglichkeit. (mit axf)

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