HINTERGRUND: Misswirtschaft muss nicht strafbar sein
Dass Klaus Landowsky mit einem Freispruch rechnen kann, hat er unter anderem dem Grundgesetz zu verdanken. Genauer: Artikel 103, Absatz 2 GG, welcher die alte römische Rechtsregel „nulla poena sine lege“ (keine Strafe ohne Gesetz) in die Gegenwart überträgt.
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Dass Klaus Landowsky mit einem Freispruch rechnen kann, hat er unter anderem dem Grundgesetz zu verdanken. Genauer: Artikel 103, Absatz 2 GG, welcher die alte römische Rechtsregel „nulla poena sine lege“ (keine Strafe ohne Gesetz) in die Gegenwart überträgt. „Eine Tat kann nur bestraft werden“, so es steht dort, „wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“ Dieser Grundgesetzartikel ist es, den das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Sommer als Maßstab anlegte, um in einer Grundsatzentscheidung drei Verfassungsbeschwerden gegen Verurteilungen wegen Untreue zu bewerten, darunter Urteile des Landgerichts Berlin und des Bundesgerichtshofes gegen Landowsky und andere Ex-Manager im Aubis-Fall. Nach Überzeugung der Karlsruher Richter hatte das Landgericht den mutmaßlichen Schaden, den die Kreditvergaben bei der Bank an die Firma Aubis verursacht haben soll, nicht konkret genug belegt. Das begründeten die Verfassungsrichter auch mit dem Artikel 266 Abs. 1 des Strafgesetzbuches. „Wer die (...) Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht oder die (...) Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und (...) dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“. Auf den Fall übertragen: Vergeben Manager leichtfertig Kredite oder betreiben bloße Misswirtschaft, ist es kaum möglich, sie nur dafür strafrechtlich zu belangen. Zwingend strafbar ist das erst, wenn das anvertraute Vermögen messbar beschädigt wird – und dies bewußt geschah. Ansonsten gilt eine andere römische Rechtsregel, deren zeitgemäße Fassung auch aus Artikel 103 GG abgeleitet wird: „In dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten.
Ein so genannter Gefährdungsschaden, also die Gefahr eines zukünftigen Verlustes durch nicht ausreichend abgesicherte Kredite, reicht auch nicht, um einen Bankmanager zu verurteilen. Vor dem Hintergrund der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde Landowskys machte nun die Staatsanwaltschaft ihren Rückzieher und beantragte Freispruch. Was die Staatsanwaltschaft erzürnt: Um Fälle von Misswirtschaft von Fällen echten Unrechts abzugrenzen und zu ermitteln, welche „schadensgleiche Vermögensgefährdung“ entstanden ist, muss auf externe Gutachter zurückgegriffen werden. Den entsprechenden Antrag lehnte das Berliner Gericht ab. lvt
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