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Brandenburg: Mit Akkuschrauber im Wald
Es müssen nicht die Alpen sein. Auch in Brandenburg gibt es Jobs in der Natur – etwa als Wanderwegewart
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Pusack - Wenn Horst Jäkel in den Wald geht, zückt er den Akkuschrauber. Oder er tunkt einen Pinsel in ein Glas mit grüner Farbe. Seit 16 Jahren ist er Wanderwegewart – ehrenamtlich. Der 77-Jährige kennt jeden Winkel der Gegend um Forst an der Grenze zu Polen. Hängt ein Schild schief, brummt der Akkuschrauber. Ist ein Wanderwegezeichen verwittert, kommt neue Farbe an den Baum. Viele Landkreise sind auf die Hilfe der Wegewarte angewiesen. Nach Experteneinschätzung müsste es viel mehr von ihnen in Brandenburg geben.
Jäkels Beritt in Südbrandenburg sind 16 Wanderwege von rund 120 Kilometern Länge, darunter der Märchenwald in Pusack an der Neiße. Der große Wanderer sei er nie gewesen, sagt der ruhige ältere Herr. „Einen Wanderstock habe ich nicht.“ Doch als der ehemalige Diplom-Ingenieur in den Vorruhestand ging, habe er nach etwas Sinnvollem gesucht. Als Hobby-Ornithologe und -Fotograf interessiere er sich für die Natur. Seither läuft er jeden Weg zweimal im Jahr ab und meldet Schäden oder bessert Beschilderungen aus. Das alles notiert er sorgfältig und sammelt für den Landkreis Daten.
Immer wieder komme es zu Vandalismus, vor allem in der direkten Umgebung der Stadt Forst (Spree-Neiße), beklagt Jäkel. „Zum Beispiel werden Schilder zerstört.“ Das ist auch andernorts so, etwa in Cottbus. Hinweisschilder im touristischen Leitsystem werden verschmiert oder verbogen. „Das wird immer öfter festgestellt“, berichtet ein Stadtsprecher.
Ähnlich sieht es im Westen Brandenburgs aus. In Brandenburg/Havel ist der Kostenaufwand durch Vandalismus steigend, wie die Verwaltung mitteilt. Aber auch der alters- und witterungsbedingte Verschleiß nehme zu. Der Landkreis Uckermark bezeichnet Vandalismus an Wanderwegen als großes Problem. Zum Beispiel würden Rastplätze angezündet. Schäden werden auch nicht immer sofort bekannt, denn in manchen Regionen haben Wanderwegewarte sehr große Gebiete abzulaufen. So ist der Kreiswart im Barnim für mehr als 1100 Kilometer Wanderwege und etwa 700 Kilometer Radwanderwege zuständig. Da könnten Schäden oder Verunreinigungen nicht immer zeitnah erfasst und behoben werden, teilt der Kreis mit. Insbesondere in der Tourismussaison könne es zu Engpässen kommen.
In einigen Regionen werden Wanderwegewarte gesucht. Im Norden des Kreises Oberspreewald-Lausitz etwa. Der bisherige Mitarbeiter scheide altersbedingt aus, heißt es beim Kreis. Ein neuer Wegewart sei noch nicht gefunden, aber es gebe Anfragen zu der Ausschreibung.
Nicht überall kann der Bedarf gedeckt werden. Ohne Erfolg blieb etwa die Suche nach ehrenamtlichen Helfern für den Spreewald, wie der Landkreis Dahme- Spreewald mitteilt. Auch die Kommunen in Märkisch-Oderland seien ständig auf der Suche nach Helfern, die die Wanderwege betreuen, heißt es im Landratsamt. Eine einheitliche Regelung zu Wanderwegewarten mit ihren Aufgaben gibt es in Brandenburg nicht. Nicht in allen Gebieten sind sie von den Landkreisen eingesetzt. Im Bereich Oberhavel zum Beispiel liegen nach Kreisangaben die lokalen Wanderwege in der Verantwortung der Städte und Gemeinden.
Eine genaue Zahl aller Wanderwegewarte liegt nicht vor, wie die Landesmarketingorganisation Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) mitteilt. Das Netz müsste aber noch dichter sein, wie der Referent für Aktivtourismus, Dirk Wetzel, sagt. Es sei gerade bei großen Wanderwegen in Brandenburg schwierig, jeden kleinen Abschnitt permanent zu betreuen. Auch der Landestourismusverband kennt nicht die genaue Zahl der Wanderwegeverantwortlichen. Zu einer Landeskonferenz für Wegewarte im vergangenen Jahr seien rund 30 gekommen. Im Gebiet Dahme-Spreewald sind nach Kreisangaben allein 24 ehrenamtliche Wanderwegewarte im Einsatz.
Die Zahl der Wanderwege in Brandenburg nimmt laut TMB-Experte Wetzel zu. Wie viele es sind, könne nicht beziffert werden, weil viele kleinere Wege von Kommunen betreut würden. Allein die großen Wanderwege in Brandenburg erstreckten sich über 2000 Kilometer. Zu den klassischen Reiseregionen zählten das Dahme-Seenland, der Spreewald, das Seenland Oder-Spree, der Fläming und das Gebiet Barnim. „Das Interesse steigt am Wandern“, sagt Wetzel. Flachlandwandern liege im Trend, vor allem das Wandern am Wasser werde für Touristen in der Mark zunehmend interessanter.
Anna Ringle
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