Fashion Week in Berlin: Modewoche: Der Boss ist weg
Statt der Shows der ganz großen Designer werden Messen für bestimmte Trends immer wichtiger. Hugo Boss etwa hat sich aus dem Berliner Mode-Rummel zurückgezogen. In den Fokus rücken so Berliner Labels wie Lala Berlin und Kaviar Gauche.
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Berlin - Es ist Modewoche und alle kommen – nur der Boss nicht. Denn genau so sieht sich das größte und umsatzstärkste Modeunternehmen in Deutschland. Hugo Boss war immer eine verlässliche Größe, schon lange vor der Fashion Week lud das Unternehmen aus Metzingen seine Händler, die Presse und vor allem Prominente, die diese Bezeichnung verdienen, nach Berlin ein. Damit ist jetzt Schluss, so richtig zufrieden stellt die Begründung nicht: „Wir konzentrieren uns jetzt auf unsere Märkte in Asien und den USA“, sagt eine Sprecherin. Der Showroom am Berliner Osthafen, in den der Konzern jede Saison Einkäufer zum Sichten und Bestellen der Boss-Linien einlädt, bleibt erhalten, ist aber nicht als Ersatz für die Schau gedacht. Rein wirtschaftlich kann man die Entscheidung von Hugo Boss verstehen – die Erlöse in Europa sinken, die in Asien steigen – in zwei Jahren sollen sie 21 Prozent des Konzernumsatzes ausmachen. Aber da wäre ja noch die psychologische Komponente, und die ist in der Mode nicht zu unterschätzen. Boss hat immer betont, wie wichtig es ist, als deutsche Marke in Berlin präsent zu sein.
Zugleich entwickelt sich Berlin – nicht nur wegen der großen Messen Bread & Butter und Premium – immer mehr zu einem Standort für Marken, für die eine Modenschau eher uninteressant ist. Es geht darum, dem Einzelhändler Ware zum Verkauf zu präsentieren. Das funktioniert oft am Messestand am besten. So hat Berlin inzwischen Messen für Rockabillies und Gothic-Fans, Skater, Übergrößen und Umweltbewusste. Dazu kommt eine, auf der sich Produzenten aus China und Indien direkt an Modefirmen wenden. Und auch wenn die Modewelt immer noch nicht am Flughafen BER landen kann, wächst die in der vergangenen Saison gestartete Panorama für kommerzielle Marken auf 400 Aussteller. Mehr als 3000 sind es insgesamt in Berlin.
Da ist die Zahl der Designer im Fashion-Week-Zelt eher übersichtlich: von 55 sind 30 aus Berlin. Die aber sind der Grund, warum die Fashion Week nach Berlin gehört: Die Designer der Marken Lala Berlin, Augustin Teboul, Kaviar Gauche, Vladimir Karaleev entwickeln nicht nur ihren Stil seit Jahren kontinuierlich weiter, sie machen damit inzwischen auch Umsatz – zwar in überschaubarem Rahmen, aber überlebensfähig. So ergibt sich mit dem Wegbleiben von Boss für die Mercedes Benz Fashion Week ganz automatisch ein größerer Fokus auf junge und innovative Labels aus Berlin. Grit Thönnissen
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