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Brandenburg: Morsch fordert mehr Bildung zur Geschichte Gedenkstätten-Chef beklagt fehlendes Wissen

Oranienburg - Brandenburgs Gedenkstättendirektor Günter Morsch hat die Bildungspolitik aufgerufen, der Zeitgeschichte mehr Gewicht zu geben. Studien und Umfragen wie die am Donnerstag veröffentlichte Allensbach-Umfrage zu zunehmender Unkenntnis über den Widerstand vom 20.

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Oranienburg - Brandenburgs Gedenkstättendirektor Günter Morsch hat die Bildungspolitik aufgerufen, der Zeitgeschichte mehr Gewicht zu geben. Studien und Umfragen wie die am Donnerstag veröffentlichte Allensbach-Umfrage zu zunehmender Unkenntnis über den Widerstand vom 20. Juli 1944 belegten einen deutlichen Rückgang historischen Wissens vor allem bei Jüngeren, sagte Morsch in Oranienburg: „Das zeithistorische Bewusstsein ist bei jungen Leuten auf dem Rückzug.“

Zwar sei die Fragestellung der Allensbach-Umfrage methodisch nicht unproblematisch, da nur nach dem 70 Jahre zurückliegenden Datum gefragt wurde und keine Kontrollfragen, beispielsweise zu Namen der Widerstandskämpfer, gestellt worden seien, sagte Morsch. Die Ergebnisse bestätigten dennoch Erfahrungen aus dem Alltag der Gedenkstätten. Dort sei es immer öfter notwendig, historische Grundkenntnisse zu vermitteln, bevor die Geschichte der Orte thematisiert werden könne.

„Die Zahlen geben Anlass, dass die Bildungspolitik sich stärker darüber Gedanken machen muss, wie historische Kenntnisse auch in dem immer mehr von Konkurrenz und Stress bestimmten Schulalltag vermittelt werden können“, betonte Morsch. Trotz abnehmender Kenntnisse sei bei Schülerinnen und Schülern in den Gedenkstätten zugleich ein großes und eher wachsendes Interesse an den Themen festzustellen, sagte der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten: „Das ist keine Frage von Interesse oder Wollen, sondern eine Frage der pädagogischen Möglichkeiten.“ Die Vermittlung von Grundwerten, Allgemeinbildung und historischer Bildung dürfe auch in einem stärker auf Naturwissenschaften und wirtschaftlichen Nutzen ausgerichteten Bildungssystem nicht zu kurz kommen, betonte Morsch: „So wichtig Mathematik und Betriebswirtschaft sind, der Zeitgeschichte muss mehr Platz eingeräumt werden.“

Der Allensbach-Umfrage zufolge weiß inzwischen nicht einmal mehr die Hälfte der Bundesbürger, wofür das Datum 20. Juli 1944 steht. Nur noch 45 Prozent der Bundesbürger über 16 Jahren hätten dazu das Attentat auf Adolf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907- 1944) genannt. Im Westen waren es sogar nur noch 43 Prozent nach 59 Prozent im Jahr 1970 und 61 Prozent im Jahr 1985.

Das Attentat auf den Diktator und der nachfolgende Umsturzversuch gelten als größter organisierter Widerstandsversuch gegen das NS-Regime. Heute wisse vor allem die jüngere Generation wenig darüber, schreiben die Meinungsforscher. Nur 26 Prozent der 16- bis 29-Jährigen könnten den 20. Juli dem Attentat auf Hitler zuordnen. Auch unter den Abiturienten in dieser Altersgruppe sind es nur 42 Prozent. Fast jeder zweite Bürger wolle dennoch, dass der Tag in Erinnerung bleibe. Für die repräsentative Umfrage wurden 1499 Personen ab 16 Jahren befragt. Yvonne Jennerjahn

Yvonne Jennerjahn

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