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Kundgebung mit Folgen. 120 Neonazis kontra 400 Gegendemonstranten: Beim Aufmarsch der Rechten am Mehringdamm kam es zu Rangeleien. Die Polizei nahm mehrere Teilnehmer fest.

© dpa; Radke

Brandenburg: Naziangriff in Kreuzberg

Polizei in der Kritik / Politiker fordern Untersuchung des Einsatzes

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Berlin - Nach einem verhinderten Aufmarsch von 120 Rechtsextremisten am Samstag ist es in Berlin-Kreuzberg zu Übergriffen der Rechten auf die etwa 400 Gegendemonstranten und Migranten gekommen. Verantwortlich dafür war offenbar eine Entscheidung der Einsatzleitung. Mehrere Gegendemonstranten waren von Neonazis durch Schläge und Tritte verletzt worden. Wie aus einer Pressemitteilung der Polizei vom Sonntag hervorgeht, sollten die Rechtsextremen durch den U-Bahnhof Mehringdamm hindurchgeführt werden, um oben auf der Straße eingekesselte Gegendemonstranten zu umgehen. Auf dem Bahnsteig hätten die Neonazis die Einsatzkräfte dann plötzlich überrannt und seien ohne Polizeibegleitung in die Gegendemonstranten gestürmt.

Vertreter von Grünen und Linksfraktion, die Augenzeugen waren, kritisierten den Polizeieinsatz scharf. Der massive Pfefferspray-Gebrauch, die Kesselung der Gegendemonstranten und das Durchführen der Rechten im U-Bahnhof seien nicht nachvollziehbar. Die Polizei wies die Kritik am Sonntag zurück. Es habe „ohne den Einsatz von Zwangsmitteln“ gegen die Protestierenden keine andere Möglichkeit gegeben, als die Neonazis an der Blockade vorbeizuführen.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilte am Sonntag „das erschreckende Maß an brutaler Gewalt, die von rechtsextremistischen Demonstrationsteilnehmern gegenüber weitgehend friedlichen Gegendemonstranten, unbeteiligten Dritten und eingesetzten Polizeibeamten ausgeübt wurde“. Bis auf wenige Ausnahmen hätten sich die Neonazigegner friedlich verhalten. „So wie diese Demonstration abgelaufen ist, fällt sie nicht mehr unter den grundrechtlichen Schutz der Versammlungsfreiheit.“ Bei künftigen Neonaziaufmärschen werde der „Gewaltexzess der Rechtsextremisten“ in eine Verbotsprüfung mit einfließen.

Pressebilder zeigen den brutalen Angriff von Neonazis auf am Boden sitzende Gegendemonstranten. Fahrgäste flüchteten in Panik aus dem U-Bahnhof. Vier junge Leute wurden vor den Augen der Polizei von rund 40 Neonazis verprügelt. Als die Polizei eingriff, schob sie die Angreifer lediglich zur Seite. Festnahmen gab es in dieser Situation offensichtlich keine. „Die haben gezielt auf unsere Köpfe getreten“, sagt Student Max, der auf dem Foto links neben dem Mann im grauen Pullover auf der Straße liegend zu sehen ist. Ein Rechter habe ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Eine konkrete Begründung, weshalb die Neonaziveranstaltung bis zuletzt geheim gehalten wurde, war weiter nicht zu bekommen. Die Pressestelle sei nicht verpflichtet, Routen von Versammlungen an Journalisten zu geben, hieß es.

Kreuzbergs Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) kritisierte die „Geheimhaltungspolitik“ der Polizei: „Ich werde Herrn Körting um Aufklärung bitten, warum ich nicht informiert wurde.“ Er selbst sei kurz nach dem Durchbruch der Rechtsextremen angekommen und überrascht über das harte Vorgehen der Polizei gegen die protestierenden Kreuzberger gewesen. „Richtig schlimm war das“, sagte Schulz. Es habe keinerlei Verhältnismäßigkeit oder Zurückhaltung der Beamten gegeben. jra

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