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Brandenburg: Neuer Schwung für die Garnisonkirche

Unternehmer-Stiftung will den Wiederaufbau in die Hand nehmen. Traditionsgemeinschaft lehnt Beteiligung ab

Potsdam. Die Potsdamer Garnisonkirche soll als Ganzes – also Turm und Kirchenschiff – bis 2010/2012 wieder aufgebaut werden. Die Baukosten in Höhe von rund 50 Millionen Euro sollen weltweit von Spendern aufgebracht werden. Das ist das Ziel der neuen „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“, die der Industrieclub Potsdam gemeinsam mit der Evangelischen Kirche, der Landesregierung und der Stadt Potsdam ins Leben rufen wird. Landesbischof Wolfgang Huber, Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sollen Schirmherren werden. Das teilte der Vorsitzende des Industrieclubs, Hans Rheinheimer, am Montag mit. Vorbild sei das Modell der Dresdner Frauenkirche. Der Industrieclub ist ein Zusammenschluss der rund 60 bedeutenden Industrieunternehmen Brandenburgs.

Rheinheimer sagte weiter, der Industrieclub habe die Initiative ergriffen, „weil der jahrelange ideologische Streit um den Aufbau der Garnisonkirche beendet werden musste“. Er schade nicht nur der Stadt Potsdam, sondern auch dem Land Brandenburg insgesamt. Jetzt müsse „die Bewegung aus Potsdam selbst kommen“. Die 1984 im westdeutschen Iserlohn von Bundeswehr-Offizieren gegründete Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel hat nach eigenen Angaben bereits Spenden in Höhe von rund 5,7 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche gesammelt. Wie berichtet, scheiterten die Gespräche mit der Evangelischen Kirche über einen Schenkungsvertrag jedoch im letzten Jahr, weil der Traditionsverein die Nutzung des Turms unter anderem für die Segnung Homosexueller, für Kirchenasyl und feministische Theologie ausschließen will. Das dort geplante „Versöhnungszentrum“ lehnt der Traditionsverein strikt ab.

Rheinheimer steht dagegen wie die Landes- und Stadtregierung auf dem Standpunkt, dass die Evangelische Kirche über die Nutzung entscheiden müsse. Fraglich ist, ob die Traditionsgemeinschaft die von ihr gesammelten Spenden einbringen wird. Rheinheimer betonte, er hoffe das sehr und führe Gespräche mit der Gemeinschaft. Diese selbst wollte keinen Kommentar abgeben. In internen Rundschreiben hat sie sich jedoch auf eine kompromisslose Haltung festgelegt.

Rheinheimer kündigte an, dass die neue Spenden-Initiative für die Garnisonkirche kurzfristig gestartet wird: Schon am kommenden Donnerstag sollen die Leitsätze für den Wiederaufbau beschlossen und ein Spenden-Aufruf verkündet werden. Erwartet werden dazu auch Bischof Huber, Ministerpräsident Platzeck, Innenminister Schönbohm sowie Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Eine Fördergesellschaft, die international Spenden einsammeln soll, und eine Baugesellschaft, die baldmöglichst mit den Vorbereitungen für den Wiederaufbau der Kirche beginnen soll, seien bereits im Gründungsstadium, sagte Rheinheimer. Der Industrieclub-Chef geht davon aus, dass die Leitsätze für den Wiederaufbau der Kirche einen „breiten Konsens in der Bevölkerung“ finden werden. Die Garnisonkirche sei zwar nicht mit der Frauenkirche in Dresden zu vergleichen, habe jedoch einen hohen städtebaulichen und kunsthistorischen Wert.

Das 1735 fertiggestellte barocke Bauwerk galt als ein Wahrzeichen Potsdams wie des preußischen Staates. Am 21. März 1933 – dem so genannten „Tag von Potsdam“ – hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg dort die Macht an Adolf Hitler übergeben. Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, der Turm wurde auf Geheiß des damaligen SED-Chefs Walter Ulbricht 1968 trotz internationaler Proteste gesprengt.

Michael Mara

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