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Schicht um Schicht. Archäologen graben in Berlins alter Stadtmitte.

© Mike Wolff

Brandenburg: Neues von der Berliner Unterschicht

Berlin - Der U-Bahn-Bau machts möglich: Bevor eine Tunnelbaumaschine wie ein Riesenmaulwurf die Tiefen der Berliner Altstadt durchwühlen wird, ist das Marx-Engels-Forum in Mitte zum Grabungsschutzgebiet für das mittelalterliche Berlin geworden. An der Rathausstraße, gegenüber dem Nikolaiviertel, klafft auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern mitten in der Ostberliner City ein bis zu vier Meter tiefes Loch.

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Berlin - Der U-Bahn-Bau machts möglich: Bevor eine Tunnelbaumaschine wie ein Riesenmaulwurf die Tiefen der Berliner Altstadt durchwühlen wird, ist das Marx-Engels-Forum in Mitte zum Grabungsschutzgebiet für das mittelalterliche Berlin geworden. An der Rathausstraße, gegenüber dem Nikolaiviertel, klafft auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern mitten in der Ostberliner City ein bis zu vier Meter tiefes Loch.

Archäologen vom Landesdenkmalamt legen Reste der Wohnbebauung der einstigen Königstraße 57 bis 61 frei. Auffallend: eine etwa 13 Meter lange und zwei Meter hohe Mauer aus Feld- und Ziegelsteinen, „die eindeutig aus dem 16., eventuell aus dem 15. Jahrhundert stammt“, sagt Grabungsleiter Michael Hofmann. Im Profil zeigen sich beim Hofbereich der Königstraße 62 Kulturschichten, die eine Besiedlung vom 13. bis vermutlich 18. Jahrhundert belegen, Funde von mittelalterlicher Keramik bestätigen dies. „Die hier im Boden erhaltenen Befunde werden dokumentiert und die Abfolge von Bauten, Straßenniveaus und die Parzellierung der Grundstücke in der 800-jährigen Geschichte der Königstraße erfasst“, sagt der Chef der Grabungen.

Die Archäologen legen Schicht um Schicht die Lebensadern von Alt-Berlin frei und bekunden mittelalterliche Lebensweisen: Was die Leute damals in ihren Wohnungen und Kochtöpfen hatten, kommt jetzt ans Licht. Gefunden wurden in den oberen Schichten schon allerlei Topfteile, Keramiksplitter und ein Becher mit dem Aufdruck „Post-Cantine“ – hier stand einst das barocke Grumbkow’sche Palais und spätere Hofpostamt. Seltsamster Fund war bisher eine verrostete Kassette mit verkohlten Resten von 1000-Mark-Scheinen.

Einen Steinwurf weiter, vor dem Roten Rathaus, wartet schon die nächste Herausforderung. Dort will man im Frühjahr die Reste des alten Rathauses und der Gerichtslaube suchen. Landeskonservator Jörg Haspel: „Wir haben Glück im Unglück. Wir wissen mehr, aber haben weniger.“ Weil der U-Bahn-Bau demnächst alles verschluckt – oder neue Geheimnisse zutage fördert. Lothar Heinke

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