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Beweismaterial. Kisten und Kartons stehen in der Asservatenkammer.

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Brandenburg: Nicht immer tappen Ermittler im Dunkeln Ungeklärte und gelöste Mordfälle in Brandenburg

Potsdam - Die 40-Jährige lag blutüberströmt in ihrer Boutique. Aus der Ladenkasse fehlten 50 Euro, auch von Portemonnaie und Schlüsselbund des Opfers keine Spur.

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Potsdam - Die 40-Jährige lag blutüberströmt in ihrer Boutique. Aus der Ladenkasse fehlten 50 Euro, auch von Portemonnaie und Schlüsselbund des Opfers keine Spur. Die schwer verletzte Frau starb wenig später im Krankenhaus – auch fast dreieinhalb Jahre nach dem Verbrechen tappen die Ermittler im Dunkeln. Der „Fall Schildow“ ist einer von mehreren Dutzend bis heute ungeklärten Mordfällen in Brandenburg. Da Mord nicht verjährt, nehmen sich die Ermittler in regelmäßigen Abständen Altfälle vor und suchen akribisch nach neuen Ansätzen – so manches Tötungsverbrechen konnte noch nach Jahrzehnten geklärt werden.

„Grundsätzlich ist die Aufklärungsquote bei Mord sehr hoch, auch weil 90 bis 95 Prozent Beziehungstaten sind“, sagt der Leiter der Mordkommission Frankfurt (Oder), Falk Küchler. Zumeist ist der Täter der eifersüchtige Ehemann, die enttäuschte Geliebte oder der Sohn, der aus Hass seine Eltern umbringt – oder in den tragischsten Fällen die Mutter, die ihre Kinder tötet. „Allein im Bereich des Präsidiums Frankfurt (Oder) liegen dennoch noch knapp 40 ungeklärte Mordfälle in den Regalen – der älteste ist von 1963“, sagt Küchler.

Teils dank modernster Technik wie der DNA-Analyse, teils durch Leichenfunde konnten in den vergangenen Jahren aber so manche lange völlig rätselhaft erscheinenden Fälle gelöst werden: So etwa der Sexualmord an der 13-jährigen Maja, die im Juli 1988 in Schönwalde umgebracht wurde. „Über die DNA konnte der Täter Ende 2003 überführt werden“, erzählt Küchler. Oder: Neun Jahre lang fehlten von einer jungen Frau und ihrem vier Monate alten Baby aus Frankfurt (Oder) jede Spur. 2006 dann der grausige Fund: Die Leichen lagen verscharrt in einem Wald. Der einstige Geliebte der Frau und Vater des Kindes wurde kurz darauf wegen Doppelmordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Auch das Potsdamer Präsidium konnte zuletzt manchen Altfall lösen: Über ein DNA-Profil, extrahiert aus Spuren an einer Strumpfmaske, kamen die Kriminalisten 16 Jahre nach dem Überfall auf die Sparkassenfiliale in Meyenburg (Prignitz) einem Verdächtigen auf die Spur. Er ist inzwischen rechtskräftig wegen Mordes verurteilt.

Ebenfalls eine DNA-Spur brachte die Ermittler 13 Jahre nach einem Überfall auf einen Supermarkt in Neuruppin zum Täter. Auch er kam wegen Mordes an einem Wachmann „lebenslang“ hinter Gitter.

Ob Tötungsdelikte als Mord oder Totschlag gewertet werden, entscheidet übrigens das Gericht. Der Unterschied: Bei Mord muss mindestens eines der Merkmale - Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstrieb, Habgier oder andere niedrige Beweggründe, Heimtücke, Grausamkeit oder Verdeckung einer anderen Straftat – als erwiesen angesehen werden. Nach Angaben des Landeskriminalamtes wurden im vergangenen Jahr die Ermittlungen zu 25 Mord- oder versuchten Mordfällen abgeschlossen.

„Die Aufklärungsquote bei Mord liegt im Präsidium Potsdam im Durchschnitt bei über 90 Prozent“, sagt Sprecher Rudi Sonntag - ähnlich sieht es laut Landeskriminalamt auch für ganz Brandenburg aus. „Häufig gelingt es uns, den Täter in den ersten drei Tagen nach der Straftat zu ermitteln“, erläutert Sonntag. Am erfolgreichsten gestalten sich die Ermittlungen natürlich, wenn ein Geständnis des Täters vorliegt oder es eindeutige Beweismittel gibt.

Aber eben längst nicht immer haben die Ermittler eine blutbespritzte Tatwaffe oder landen mit Fingerabdrücken oder DNA- Spuren Treffer in den bundesweiten Dateien. So lange diese Taten – wie der Mord von Schildow – nicht geklärt sind, werden die Aktendeckel nicht geschlossen. Und die Asservate wie Tatwerkzeug oder verdächtige Kleidungsstücke vom Tatort füllen die Keller der Staatsanwaltschaften.

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