
© dpa
INTERVIEW: „Nicht in der linken Szene verwurzelt“
Berlins amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers über die Fahndung nach den Branstiftern, die in Berlin Nacht für Nacht Autos anzünden, und die mutmaßlichen Hintergründe der Taten
Stand:
Frau Koppers, hat die Polizei genug Leute, um die Autozündler zu verfolgen?
Ja. Weil es nicht um Quantität, sondern um Qualität geht. Es hilft uns nicht, hunderte Polizisten aus anderen Bundesländern oder dem Bund in Berlin einzusetzen, die nicht wissen, was sie tun und sich hier nicht auskennen. Wir müssen darauf achten, dass es qualifizierte Kollegen sind, die in der Fahndung Erfahrung haben, die wissen, worauf sie achten müssen und gewohnt sind, im Verbund und in Berlin zu arbeiten.
Wie viele Polizisten sind pro Nacht in Berlin in Sachen Autozündler im Einsatz?
Immer mindestens 130.
Kräfte der Einsatzhundertschaft?
Es sind uniformierte und zivile Kräfte.
Neuerdings brennen Autos serienweise. Sind die Täter in kleinen Gruppen oder allein unterwegs?
Dazu haben wir keine gesicherten Erkenntnisse. Wir können Rückschlüsse ziehen aus den Taten oder Tatserien, bei denen wir Festnahmen getätigt haben oder Verdächtige im Visier hatten. Wir gehen zurzeit davon aus, dass es einzelne, nicht in der linken Szene vernetzte und verwurzelte Täter sind, weil wir Erkenntnisse haben, dass die linksextreme Szene diese Taten nicht unterstützt. Dass heißt, dass die Täter – anders als noch 2009 – in der linken Szene kein politisches Fundament haben. 2009 waren es andere Angriffsziele als heute – hochwertige Fahrzeuge. Und es ging um konzentrierte Gebiete, in denen das Thema Gentrifizierung aktuell war oder um Fahrzeuge bestimmter Unternehmen, die für Kapitalismus oder Gentrifizierung als Feindbilder herhalten mussten.
Und heute?
Heute scheint diese politische Motivation keine Rolle mehr zu spielen, allerdings geht es um symbolträchtige Aktionen. Denn jedenfalls in den letzten Nächten waren vorwiegend Fahrzeuge deutscher Marken betroffen – Audi, BMW und Mercedes. Der oder die Täter haben darauf geachtet, gezielt diese Fahrzeuge zu treffen. Es ging aber nicht darum, gezielt hochwertige Fahrzeuge, die zum Teil in der Nähe standen, anzugreifen.
Haben Sie Verdächtige? So war von einem die Rede, der wegen Brandstiftung verurteilt wurde und nun wieder frei ist?
Natürlich haben wir solche Personen im Blick. Es gibt aber keine Anhaltspunkte, dass nun gerade diese Person mit den jüngsten Taten im Zusammenhang steht. Abgesehen vom derzeit nicht erkennbaren politischen Hintergrund der Taten gehen wir davon aus, dass wenigstens 50 Prozent der Taten einen völlig anderen Hintergrund haben, etwa Versicherungsbetrug oder Konkurrentenstreitigkeiten oder enttäuschte Liebe.
Mit Margarete Koppers sprach Werner van Bebber
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: