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Brandenburg: „Nicht nachvollziehbar“

Brandenburgs Finanzminister Christian Görke weist Kritik von Potsdamer Wissenschaftlern an geplanter Kreisreform zurück. Neues Modell ohne Lausitz-Banane im Gespräch

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Potsdam - Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) weist Kritik von Wirtschaftsinformatikern der Uni Potsdam zurück, die in einem Brandbrief die umstrittene rot-rote Kreisgebietsreform als antiquiert und überflüssig gerügt hatten – und stattdessen eine Digitalisierungsoffensive für Brandenburg fordern. In einem Schreiben hat Görke am 9. Januar die vier Wissenschaftler um Norbert Gronau zu einem „persönlichen Gespräch“ eingeladen, um über die Verwaltungsstrukturreform zu diskutieren. Ein Termin kam allerdings bislang nicht zustande.

Es sei „guter Stil, sich mit allen Positionen auseinanderzusetzen“, heißt es in dem Schreiben. „Eine Reihe ihrer Äußerungen sind für mich allerdings nicht nachvollziehbar beziehungsweise lassen den finanzpolitischen Aspekt der Verwaltungsstrukturreform völlig außer Acht“, so Görke. „So überrascht mich insbesondere Ihre Aussage, wonach die Kreise sogar kleiner sein könnten, um eine effiziente Verwaltung vorhalten zu können.“

Gronau und seine Kollegin Moreen Heine vom Institut für Wirtschaftsinformatik erneuerten am Freitag auf einem Workshop in der Universität Potsdam ihre Kritik. Beide plädierten dafür, die bestehenden Kreisstrukturen nicht anzutasten, dafür auf E-Government zu setzen: „Digitalisierung statt Kreisreform“. Die derzeitigen Kreisgrenzen in Brandenburg – mit 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten – stammen aus dem Jahr 1993. Nach den bisherigen rot-roten Plänen soll es künftig noch neun Landkreise und Potsdam als einzige kreisfreie Stadt geben, wogegen es landauf und landab breiten Widerstand gibt.

Die maßgeblich von der CDU mitgetragene Volksinitiative will am 14. Januar die Unterschriften an die Landtagspräsidentin übergeben. 20 000 Unterschriften wären nötig. Zum Zwischenstand halten sich die Organisatoren bedeckt. Angesichts der Resonanz gilt es inzwischen nicht als ausgeschlossen, dass bereits 80 000 Unterschriften sein könnten. Die müssten beim folgenden Volksbegehren erreicht werden, um so einen Volksentscheid zu erzwingen. Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hat bereits angekündigt, dass er es notfalls auf einen Volksentscheid ankommen lassen will – allerdings nach Nachbesserungen an der selbst von Rot-Rot intern als handwerklich stümperhaft betriebenen Reform.

Nun verdichten sich Hinweise, dass ein korrigiertes Modell statt des aus vier bisherigen Kreisen geplanten Mega-Lausitzkreises, der sogenannten Lausitz-Banane, im Süden doch auf zwei Regionalkreise hinauslaufen könnte: ein Kreis aus Cottbus, das seine Kreisfreiheit verliert, und Spree-Neiße, der andere aus Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz. Auch die Fusion zu einem Flughafenkreis könnte ausbleiben, Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming könnten selbstständig bleiben, die Linke würde ihre einzige Landrätin Kornelia Wehlan in Teltow-Fläming halten können.

Nach diesem Modell würden dennoch Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder) weiter ihre Eigenständigkeit als kreisfreie Städte verlieren und mit den Umlandkreisen fusionieren. Weitere Kreisfusionen gäbe es im Norden mit Prignitz und Ostprignitz-Ruppin sowie Barnim und Uckermark.

Die Notwendigkeit der Reform begründet die Woidke-Regierung bisher nicht mit Einspareffekten, sondern vor allem mit der demografischen Entwicklung, den sinkenden Einwohnerzahlen vor allem in den berlinfernen Regionen. Eine Kreisreform war 2013 eine Enquetekommission des Landtages nach mehrjähriger Arbeit empfohlen worden, in der Kommunal- und Verwaltungsexperten der Universität Potsdam mitgewirkt hatten. Die waren nicht auf dem Workshop. Dafür argumentierte Felix Rösel, Doktorand am Ifo-Institut in Dresden, erneut damit, dass nach bisherigen Studien überall Gebietsreformen keine Spareffekte gebracht hätten. Verwaltung, so Rösel, werde mit größeren Einheiten auch nicht effizienter. Auf dem Workshop – anwesend war eine Mitarbeiterin der Staatskanzlei – stellte Gronau ein Fernsehteam vor, und zwar so: „Es ist der rbb. Es ist nicht Lausitz TV, der Fernsehsender des Ministerpräsidenten.“

nbsp;Thorsten Metzner

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